Einmal, als ich noch recht klein war, und wieder mal auf Familienurlaub in Kroatien, sind meine Cousins auf die lustige Idee gekommen, mit mir Wasserball zu spielen, und dazu eine große Wassermelone zu verwenden. Die Dinger schwimmen besser als man erwarten sollte. Dafür haben sie die interessante Eigenschaft, wenn sie geworfen, aber nicht gefangen werden, gemächlich bis ganz auf den Meeresgrund zu sinken, bevor sie - ebenso langsam - wieder zur Oberfläche steigen.
Genau so fühle ich mich gerade.
Irgendwer oder irgendwas gibt mir einen Schubs, ich hüpfe durch die Luft, schlage auf der Wasseroberfläche auf, und statt kurz unterzutauchen und dann weiterzuschwimmen, sinke ich, bis es nicht mehr tiefer geht. Danach wieder hochzukommen dauert unverhältnismäßig lange, und wenn ich die Oberfläche erreiche, habe ich gerade genug Schwung drauf, sie zu durchbrechen und nicht gleich wieder zu sinken - wenn mich nicht wieder jemand schubst. Und das Tanja-Kind schwimmt daneben, schaut zu und fragt sich völlig entgeistert, was bloß in dieser Melone vor sich geht...
30 Juli 2008
18 Juli 2008
Knopfannäher, linker Ärmel, zweiter Knopf
So oder ähnlich hat Didi Hallervorden am Ende seiner Sendung regelmäßig all die unwichtigen Menschen betitelt, die im Abspann allesamt erwähnt wurden, ohne dass der Zuschauer diese Information wirklich haben wollte.
Eine ähnlich wichtige Rolle habe ich bei der DVD-Version des vierten Teils einer bekannten Filmreihe um einen Ärchäologieprofessor mit einem Vornamen, der eigentlich ein US-Bundesstaat ist, gespielt. Nein, ich habe nicht H.F. einen Knopf angenäht (zum Glück, der hätte nicht lang gehalten). Ich war nur für den zweiten Korrekturlese-Vorgang der deutschen Untertitel für die DVD zuständig.
Das war durchaus eine lohnenswerte Aufgabe, denn Übersetzer und erster Korrekturleser konnten sich nicht einigen, ob der Kremlin auf Deutsch Kreml heißt, man 'comrade' in diesem Zusammenhang durchaus mit 'Genosse' übersetzen darf, und ob man OK jetzt groß oder klein oder irgendwie gemischt schreibt. Insgesamt scheint meine Rolle also doch eine Wichtige gewesen zu sein, vorausgesetzt, der Film wird von ähnlichen Grammar Nazis wie mir angeschaut (die sich trotzdem vor Schmerzen krümmen werden, da aufgrund der Längenbeschränkung der Untertitel manches einfach grob verkürzt und sehr schräg formuliert werden musste).
Wo ich wirklich ins Grübeln kam, war bei der Übersetzung des Wortes 'hivemind'. Da hatte sich mein Vorübersetzer was sehr zahnschmerzträchtiges ausgedacht, was ich hier zwecks Googlebarkeit (tolles Wort) nicht wiedergebe. Ich möchte euch, so ihr euch die DVD ausleiht oder kauft, aber bitten, die Untertitel im entsprechenden Moment einzuschalten, und zu gucken, ob das von mir vorgeschlagene 'Schwarmbewusstsein' akzeptiert wurde. Wer den Film im Kino sieht, darf mir auch gerne sagen, wie das in der Synchronisation heißt. Die Übersetzung dafür läuft interessanterweise völlig unabhängig von der Untertitelübersetzung.
Und nur für den Fall, dass ihr denkt, "Boh, die Frau macht Hollywood-Karriere!", sag ich euch noch, was ich für die ca. 6h Arbeit (Film komplett angucken und checken, ob die Untertitel an der richtigen Stelle sitzen, dann durchlesen und nach Fehlern suchen, dann Word-Rechtschreibkorrektur, dann Syntax-Check im Untertitel-Programm) bekommen hab: 42,08 USD. Da-da-da-daaa, da-da-daaaaaaa, da-da-da-daaa, da-da-da-da-da...
(P.S. Bitte den Filmtitel in den Kommentaren nicht erwähnen, hab ein NDA unterschrieben und darf eigentlich gar nix davon erzählen!)
Eine ähnlich wichtige Rolle habe ich bei der DVD-Version des vierten Teils einer bekannten Filmreihe um einen Ärchäologieprofessor mit einem Vornamen, der eigentlich ein US-Bundesstaat ist, gespielt. Nein, ich habe nicht H.F. einen Knopf angenäht (zum Glück, der hätte nicht lang gehalten). Ich war nur für den zweiten Korrekturlese-Vorgang der deutschen Untertitel für die DVD zuständig.
Das war durchaus eine lohnenswerte Aufgabe, denn Übersetzer und erster Korrekturleser konnten sich nicht einigen, ob der Kremlin auf Deutsch Kreml heißt, man 'comrade' in diesem Zusammenhang durchaus mit 'Genosse' übersetzen darf, und ob man OK jetzt groß oder klein oder irgendwie gemischt schreibt. Insgesamt scheint meine Rolle also doch eine Wichtige gewesen zu sein, vorausgesetzt, der Film wird von ähnlichen Grammar Nazis wie mir angeschaut (die sich trotzdem vor Schmerzen krümmen werden, da aufgrund der Längenbeschränkung der Untertitel manches einfach grob verkürzt und sehr schräg formuliert werden musste).
Wo ich wirklich ins Grübeln kam, war bei der Übersetzung des Wortes 'hivemind'. Da hatte sich mein Vorübersetzer was sehr zahnschmerzträchtiges ausgedacht, was ich hier zwecks Googlebarkeit (tolles Wort) nicht wiedergebe. Ich möchte euch, so ihr euch die DVD ausleiht oder kauft, aber bitten, die Untertitel im entsprechenden Moment einzuschalten, und zu gucken, ob das von mir vorgeschlagene 'Schwarmbewusstsein' akzeptiert wurde. Wer den Film im Kino sieht, darf mir auch gerne sagen, wie das in der Synchronisation heißt. Die Übersetzung dafür läuft interessanterweise völlig unabhängig von der Untertitelübersetzung.
Und nur für den Fall, dass ihr denkt, "Boh, die Frau macht Hollywood-Karriere!", sag ich euch noch, was ich für die ca. 6h Arbeit (Film komplett angucken und checken, ob die Untertitel an der richtigen Stelle sitzen, dann durchlesen und nach Fehlern suchen, dann Word-Rechtschreibkorrektur, dann Syntax-Check im Untertitel-Programm) bekommen hab: 42,08 USD. Da-da-da-daaa, da-da-daaaaaaa, da-da-da-daaa, da-da-da-da-da...
(P.S. Bitte den Filmtitel in den Kommentaren nicht erwähnen, hab ein NDA unterschrieben und darf eigentlich gar nix davon erzählen!)
17 Juli 2008
Probleme auf hohem Niveau
"Sehr geehrte Fahrgäste der zweiten Klasse. Wir bitten Sie, auf die Fahrgäste der ersten Klasse Rücksicht zu nehmen, und zum Aussteigen ausschließlich die Wagen der zweiten, nicht der ersten Klasse zu benutzen."
Mhm.
Kann ich verstehen. Immerhin hat man in der ersten Klasse genug bezahlt, um das Elend der Welt (=Passagiere zweiter Klasse) nicht nur während der Fahrt nicht sehen zu müssen. Und die 30 Sekunden, um die sich das Aussteigen verzögern könnte, wenn mal so ein Niederklassiger dazwischengerät, hat man in den höheren Chargen der Gesellschaft einfach nicht übrig. Geht gar nicht.
Liebe Bahn. Ich weiß, euer Geschäft ist der Transport, nicht die Diplomatie. Aber wie wär's denn, wenn ihr einfach durchsagen würdet, dass ihr alle Passagiere bittet, grundsätzlich aus ihrem eigenen Wagen auszusteigen, um Verzögerungen zu vermeiden. So könntet ihr vermeiden zu vermitteln, dass ihr 80% eurer Kundschaft für minderwertig haltet, und statt dessen suggerieren, dass euch die Zeit und der Komfort aller am Herzen liegen.
Manchmal, ganz selten, bevorzuge selbst ich solche Marketing-Lügen.
Mhm.
Kann ich verstehen. Immerhin hat man in der ersten Klasse genug bezahlt, um das Elend der Welt (=Passagiere zweiter Klasse) nicht nur während der Fahrt nicht sehen zu müssen. Und die 30 Sekunden, um die sich das Aussteigen verzögern könnte, wenn mal so ein Niederklassiger dazwischengerät, hat man in den höheren Chargen der Gesellschaft einfach nicht übrig. Geht gar nicht.
Liebe Bahn. Ich weiß, euer Geschäft ist der Transport, nicht die Diplomatie. Aber wie wär's denn, wenn ihr einfach durchsagen würdet, dass ihr alle Passagiere bittet, grundsätzlich aus ihrem eigenen Wagen auszusteigen, um Verzögerungen zu vermeiden. So könntet ihr vermeiden zu vermitteln, dass ihr 80% eurer Kundschaft für minderwertig haltet, und statt dessen suggerieren, dass euch die Zeit und der Komfort aller am Herzen liegen.
Manchmal, ganz selten, bevorzuge selbst ich solche Marketing-Lügen.
14 Juli 2008
Heimaturlaub
Es gibt Sachen, die sind einfach nicht zum Aushalten.
Leos Arbeit zum Beispiel. Nicht wegen des Inhalts - an den gewöhnt man sich erstaunlicherweise ganz gut, auch wenn's immer wieder belastende Sachen gibt. Aber eben auch viel Routine.
Nein, es sind die Arbeitsbedingungen, die das ganze so unaushaltbar machen. Davon schreibe und jammere ich euch ja immer wieder vor.
Und da er so unerträglich viel arbeiten muss, habe ich jetzt beschlossen, Urlaub zu machen. Klingt absurd, is aber so. Ich mach die Pause, die er nicht machen kann, vielleicht kann ich ja ein bisschen Kraft für uns beide tanken.
Ein richtiger Urlaub im klassischen Sinne wird's nicht, ich nehm meinen Laptop mit und arbeite ganz fleissig daran, wieder mal einen Auftrag zu bekommen. Dafür fahre ich nach München und freue mich ganz arg darauf, ganz viele liebe Leute zu treffen. Und wie Frederick die Feldmaus ganz viel davon in mich aufsaugen und Leo mitbringen zu können!
Leos Arbeit zum Beispiel. Nicht wegen des Inhalts - an den gewöhnt man sich erstaunlicherweise ganz gut, auch wenn's immer wieder belastende Sachen gibt. Aber eben auch viel Routine.
Nein, es sind die Arbeitsbedingungen, die das ganze so unaushaltbar machen. Davon schreibe und jammere ich euch ja immer wieder vor.
Und da er so unerträglich viel arbeiten muss, habe ich jetzt beschlossen, Urlaub zu machen. Klingt absurd, is aber so. Ich mach die Pause, die er nicht machen kann, vielleicht kann ich ja ein bisschen Kraft für uns beide tanken.
Ein richtiger Urlaub im klassischen Sinne wird's nicht, ich nehm meinen Laptop mit und arbeite ganz fleissig daran, wieder mal einen Auftrag zu bekommen. Dafür fahre ich nach München und freue mich ganz arg darauf, ganz viele liebe Leute zu treffen. Und wie Frederick die Feldmaus ganz viel davon in mich aufsaugen und Leo mitbringen zu können!
08 Juli 2008
Die Rolle des Authentischen
Entgegen meiner guten Vorsätze, sowas nie wieder zu machen, bin ich gerade mit meinem zweiten Schundroman fertig geworden. Diesmal zum Glück ohne kürzen. Obwohl's mich bei diesem Exemplar schon sehr gereizt hätte, mit dem ganz dicken Rotstift ranzugehen. Dem bisschen an Handlung hätten ein paar Worte weniger nicht geschadet. Zumal die englischen Lords und Ladies aus dem 19. Jh. sich in bestem aktuellem amerikanischem Alltagsslang unterhielten. Was das ganze teilweise echt zur Lachnummer machte. Da muss man sich doch wundern, mit wie wenig sich die Leserinnen dieser Bücher zufrieden geben. (Sexszenen gab's übrigens diesmal keine.) Kaufe ich mir nicht einen 'historischen' Roman, um etwas von der Stimmung der damaligen Zeit zu atmen? Um in die Illusion der Authentizität außerhalb meiner Realität einzutauchen? Authentizität ist offenbar anstrengend.
Dabei ist mir eine Szene eingefallen, die ich kürzlich mit meinen Literaturdamen erlebt habe. Wir wollten einen neuen Wochenendausflug (ähnlich dem letzten) planen, und hatten uns Dublin als Ziel ausgesucht. Irgendwer überlegte laut, wo 'man' denn in Dublin übernachten würde. Ich meinte natürlich sofort, dass da nur ein Bed & Breakfast in Frage käme, worauf die Mädels sich vielsagende Blicke zuwarfen und auf mein Nachfragen nur lachend meinten: "Typisch, wir suchen was schönes zum Übernachten, und du willst authentisch wohnen." Ich kam mir ein bisschen doof vor. Aber nur ein bisschen.
Denn es stimmt: Authentizität ist mir wichtig. Nichts gegen Luxus, aber wenn ich in ein Land fahre, will ich etwas sehen, was dafür typisch ist (selbst wenn's nur für Touristen gedacht ist). Und wenn ich ein Buch lese, will ich es nicht leicht gemacht kriegen, sondern mich reinversetzen, auch wenn ich dafür ein bisschen ungewohnte Formulierungen in Kauf nehmen muss.
Warum ist das so?
Spontan würde ich sagen: Weil mir meine Eltern beigebracht haben, was wirklich wichtig und wissenswert ist, und was nur oberflächlich und belanglos. Das mag vielleicht den Nachteil gehabt haben, dass ich in der Schule partout nicht kapiert habe, wie überlebenswichtig eine bestimmte Jeansmarke oder eine bestimmte Frisur sein kann. Dass ich in der Agentur nicht begriffen habe, warum es kriegsentscheidend ist, ob eine Anzeige hellblau oder mittelblassblau ist, und ob sie heute oder morgen erscheint.
Aber wenn ich auch bisher immer mit meinem Schicksal als (Schul-)Mobbingopfer gehadert habe - könnte ich es ungeschehen machen, indem ich einfach auf diese Unterscheidungsfähigkeit verzichte, bin ich geneigt zu sagen, dass ich lieber all das nochmal durchmachen würde.
Dabei ist mir eine Szene eingefallen, die ich kürzlich mit meinen Literaturdamen erlebt habe. Wir wollten einen neuen Wochenendausflug (ähnlich dem letzten) planen, und hatten uns Dublin als Ziel ausgesucht. Irgendwer überlegte laut, wo 'man' denn in Dublin übernachten würde. Ich meinte natürlich sofort, dass da nur ein Bed & Breakfast in Frage käme, worauf die Mädels sich vielsagende Blicke zuwarfen und auf mein Nachfragen nur lachend meinten: "Typisch, wir suchen was schönes zum Übernachten, und du willst authentisch wohnen." Ich kam mir ein bisschen doof vor. Aber nur ein bisschen.
Denn es stimmt: Authentizität ist mir wichtig. Nichts gegen Luxus, aber wenn ich in ein Land fahre, will ich etwas sehen, was dafür typisch ist (selbst wenn's nur für Touristen gedacht ist). Und wenn ich ein Buch lese, will ich es nicht leicht gemacht kriegen, sondern mich reinversetzen, auch wenn ich dafür ein bisschen ungewohnte Formulierungen in Kauf nehmen muss.
Warum ist das so?
Spontan würde ich sagen: Weil mir meine Eltern beigebracht haben, was wirklich wichtig und wissenswert ist, und was nur oberflächlich und belanglos. Das mag vielleicht den Nachteil gehabt haben, dass ich in der Schule partout nicht kapiert habe, wie überlebenswichtig eine bestimmte Jeansmarke oder eine bestimmte Frisur sein kann. Dass ich in der Agentur nicht begriffen habe, warum es kriegsentscheidend ist, ob eine Anzeige hellblau oder mittelblassblau ist, und ob sie heute oder morgen erscheint.
Aber wenn ich auch bisher immer mit meinem Schicksal als (Schul-)Mobbingopfer gehadert habe - könnte ich es ungeschehen machen, indem ich einfach auf diese Unterscheidungsfähigkeit verzichte, bin ich geneigt zu sagen, dass ich lieber all das nochmal durchmachen würde.
07 Juli 2008
Ausgleichende Gelichtigkeit
Seit Monaten, wenn nicht seit Jahren, funktioniert das Licht in unserem Hauseingang nicht. Das ist nicht schlimm, beim Reingehen kann man sich an der nächsten Lampe ein paar Meter weiter orientieren, und bis dahin geht es eh nur gradeaus. Deswegen waren ich und wahrscheinlich auch alle unsere Mitmieter zu faul, etwas dagegen zu unternehmen.
Vor ein paar Tagen hat sich aber dann doch jemand erbarmt, und der Hausgang erstrahlt in neuem Glanze. Als ich aber vorgestern den Müll runtergebracht habe, musste ich feststellen, dass jetzt eine der zwei Lampen im Keller nicht mehr geht.
Es mag keine Gerechtigkeit auf dieser Welt geben. Aber ist es nicht tröstlich zu wissen, dass irgendwo jemand sitzt und auf eine ausgeglichene Bilanz aller Glühbirnen achtet?
Vor ein paar Tagen hat sich aber dann doch jemand erbarmt, und der Hausgang erstrahlt in neuem Glanze. Als ich aber vorgestern den Müll runtergebracht habe, musste ich feststellen, dass jetzt eine der zwei Lampen im Keller nicht mehr geht.
Es mag keine Gerechtigkeit auf dieser Welt geben. Aber ist es nicht tröstlich zu wissen, dass irgendwo jemand sitzt und auf eine ausgeglichene Bilanz aller Glühbirnen achtet?
29 Juni 2008
Na, geht doch!
Was durfte ich da gestern erleben? Frauen wippten mit den Hüften, Männer nickten mit dem Kopf, manch einer ließ sich gar dazu hinreißen, mitzuklatschen oder zu singen, und fast alle sind die ganze Zeit gestanden!
Was war passiert? Loreena McKennitt hat ein Konzert gegeben. Das hat sie letztes Jahr schon mal getan, aber da war's irgendwie anders. Ein vereinzelter Fan stand zwar am Rand der Sitzreihen rum und schüttelte ab und zu rhythmisch sein Haar, aber alle anderen blieben damals brav sitzen und applaudierten nur zwischen den Songs. Sind diese neuen Begeisterungsausbrüche nur der Tatsache geschuldet, dass das Konzert auf einer Freilichtbühne stattfand? Oder lag es daran, dass die Initiatoren der Tanzbewegung allesamt offensichtliche Randgruppen (ein lesbisches Pärchen, zwei in Pannesamt gekleidete Mittelalterfans und ein betrunkenes Pärchen) angehörten, und sich deswegen ohnehin keine Sorgen mehr um ihren Ruf machen mussten? Oder hat am Ende all mein Geunke etwas bewirkt?
Wie auch immer, das Konzert war genial. Mit Loreenas Worten: Making music is a bit like cooking. If you prepare a fine dinner, it's only half the fun unless you invite all your friends over to share it with you.
Und diesmal hatte ich wirklich das Gefühl, dass alle Beteiligten das Festmahl genauso genossen haben wie ich.
Was war passiert? Loreena McKennitt hat ein Konzert gegeben. Das hat sie letztes Jahr schon mal getan, aber da war's irgendwie anders. Ein vereinzelter Fan stand zwar am Rand der Sitzreihen rum und schüttelte ab und zu rhythmisch sein Haar, aber alle anderen blieben damals brav sitzen und applaudierten nur zwischen den Songs. Sind diese neuen Begeisterungsausbrüche nur der Tatsache geschuldet, dass das Konzert auf einer Freilichtbühne stattfand? Oder lag es daran, dass die Initiatoren der Tanzbewegung allesamt offensichtliche Randgruppen (ein lesbisches Pärchen, zwei in Pannesamt gekleidete Mittelalterfans und ein betrunkenes Pärchen) angehörten, und sich deswegen ohnehin keine Sorgen mehr um ihren Ruf machen mussten? Oder hat am Ende all mein Geunke etwas bewirkt?
Wie auch immer, das Konzert war genial. Mit Loreenas Worten: Making music is a bit like cooking. If you prepare a fine dinner, it's only half the fun unless you invite all your friends over to share it with you.
Und diesmal hatte ich wirklich das Gefühl, dass alle Beteiligten das Festmahl genauso genossen haben wie ich.
22 Juni 2008
(Hennen und) Eier trennen
Und schon wieder habe ich ein künstlerisches (künstliches?) Thema, das ich schon lange mal in die Runde werfen wollte. Aktueller Anlass, ist ein Buch, das wir im Literaturclub (kein Link, weil ich da schon seit Ewigkeiten nix mehr geschrieben habe) gelesen haben. Darin ging es um einen modernen Opernkomponisten, der evtl. seine Frau ermordet hat. Das Buch lässt das offen, erklärt einem aber auf kategorisch-bevormundende Weise alle anderen Vorgänge und Phänomene dieser Welt, weswegen ich es nicht besonders mochte. Die eigentlich interessante Frage, die es aufwirft, ist, inwieweit man die Kunst von dem, der sie macht, trennen kann. Sprich, wenn ich weiß, der Mann ist ein Mörder, kann ich es dann noch vor mir rechtfertigen, seine Opern zu hören? In diesem Fall stellt sich das Problem nicht, da ich kein besonderer Fan moderner Opern bin; zudem ist nicht klar, ob er überhaupt in irgendeiner Weise Schuld am Tod seiner Frau hat.
Bei anderen aber stellt sich die Frage durchaus. Zum Beispiel besitze ich eine CD Noir Desir. Deren Sänger hat vor ein paar Jahren seine Freundin Marie Trintignant erschlagen. Seit ich das weiß, steht die CD im Regal und guckt mich ab und zu verführerisch an. Aber ich trau mich nicht so recht, sie anzuhören. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich würde dadurch indirekt meine Zustimmung zu jemandem ausdrücken, der zu sowas eben nicht nur fähig ist, sondern es auch tut. Mach ich mir da zu viel Gedanken? Und sollte ich jetzt, wo der Mann seine Haftstrafe verbüßt hat, als gute Bürgerin und Anhängerin unseres Rechtssystems nicht sein Strafregister aus meinem Kopf löschen und ihn nicht mehr als Verbrecher, sondern als geläuterten Menschen
betrachten und bedenkenlos seine Musik hören?
Und wenn ich Noir Desir boykottiere, wie weit erstreckt sich das dann auf andere? Filme mit bekannten Scientologen meiden? Amy Winehouse nicht mehr hören, damit sie irgendwann auch finanziell so abstürzt wie schon seelisch - als letzte Chance zur Besinnung?
Ich geb's zu: Ich möchte gerne die Leute, deren Kunst ich bewundere, auch als Personen bewundern. Oder zumindest respektieren können. Es fällt mir schon schwer zu akzeptieren, dass auch dumme Menschen schön schreiben oder komponieren können. Aber solche, deren Haltung meiner Grundeinstellung zu gewissen Dingen diametral entgegensteht...? Ich tendiere dazu zu sagen, dass mir deren Werke dann auch gestohlen bleiben können. Aber so ganz sicher bin ich mir nicht, ob ich's da nicht übertreibe.
Was meint ihr dazu?
Bei anderen aber stellt sich die Frage durchaus. Zum Beispiel besitze ich eine CD Noir Desir. Deren Sänger hat vor ein paar Jahren seine Freundin Marie Trintignant erschlagen. Seit ich das weiß, steht die CD im Regal und guckt mich ab und zu verführerisch an. Aber ich trau mich nicht so recht, sie anzuhören. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich würde dadurch indirekt meine Zustimmung zu jemandem ausdrücken, der zu sowas eben nicht nur fähig ist, sondern es auch tut. Mach ich mir da zu viel Gedanken? Und sollte ich jetzt, wo der Mann seine Haftstrafe verbüßt hat, als gute Bürgerin und Anhängerin unseres Rechtssystems nicht sein Strafregister aus meinem Kopf löschen und ihn nicht mehr als Verbrecher, sondern als geläuterten Menschen
betrachten und bedenkenlos seine Musik hören?
Und wenn ich Noir Desir boykottiere, wie weit erstreckt sich das dann auf andere? Filme mit bekannten Scientologen meiden? Amy Winehouse nicht mehr hören, damit sie irgendwann auch finanziell so abstürzt wie schon seelisch - als letzte Chance zur Besinnung?
Ich geb's zu: Ich möchte gerne die Leute, deren Kunst ich bewundere, auch als Personen bewundern. Oder zumindest respektieren können. Es fällt mir schon schwer zu akzeptieren, dass auch dumme Menschen schön schreiben oder komponieren können. Aber solche, deren Haltung meiner Grundeinstellung zu gewissen Dingen diametral entgegensteht...? Ich tendiere dazu zu sagen, dass mir deren Werke dann auch gestohlen bleiben können. Aber so ganz sicher bin ich mir nicht, ob ich's da nicht übertreibe.
Was meint ihr dazu?
18 Juni 2008
Ferndiagnosen
M. Night S. hat Alzheimer. Bin ich ganz sicher. Der Mann hat gute Ideen. Und er kann auch irgendwie Filme machen. Nur in letzter Zeit scheint's, dass er im Lauf der Geschichte vergisst, wo er damit eigentlich hin will. Und den ganzen Witz dann trotzdem erzählt, aber ohne Pointe. Sein neuestes Werk hat wirklich schöne Horrorelemente. Aber keine nennenswerte Verbindung dazwischen. Vielleicht ist es auch BSE?
Ebenso überzeugt bin ich, dass Mike Oldfield unter ADS (ehemals Hyperaktivität genannt) leidet. Der Mann schäumt über vor Ideen, aber keine seiner neueren CDs (so ab 1985?) schafft es, auch nur über 3 Takte bei einem Thema zu bleiben. Mitunter bin ich versucht, die Stücke auf meinen Computer zu laden, und mit Hilfe der passenden Software einfach ein paar Loops einzubauen.
Nicht missverstehen: Ich liebe beide.
Aber seit ich selber zu den Psychos gehöre, liebe ich es, solche Ferndiagnosen zu stellen. Nicht zuletzt, um eine Ausrede zu finden, warum der Betroffene gar kein schlechter Künstler, sondern nur gerade etwas aus dem Takt mit mir/der Welt ist. Und ich weiter ungeniert ihre Werke genießen kann. :)
Ebenso überzeugt bin ich, dass Mike Oldfield unter ADS (ehemals Hyperaktivität genannt) leidet. Der Mann schäumt über vor Ideen, aber keine seiner neueren CDs (so ab 1985?) schafft es, auch nur über 3 Takte bei einem Thema zu bleiben. Mitunter bin ich versucht, die Stücke auf meinen Computer zu laden, und mit Hilfe der passenden Software einfach ein paar Loops einzubauen.
Nicht missverstehen: Ich liebe beide.
Aber seit ich selber zu den Psychos gehöre, liebe ich es, solche Ferndiagnosen zu stellen. Nicht zuletzt, um eine Ausrede zu finden, warum der Betroffene gar kein schlechter Künstler, sondern nur gerade etwas aus dem Takt mit mir/der Welt ist. Und ich weiter ungeniert ihre Werke genießen kann. :)
13 Juni 2008
Urlaubsfotos
So, zur Abwechslung mal kein langer Text, sondern viele schöne Bilder:
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Nordirland Mai 2008 |
Danke, ihr Lieben, dass wir bei euch so eine schöne Zeit hatten!
12 Juni 2008
Romanfledderer
So schön das selbständige Arbeiten von zu Hause auch ist - man hat keine Kollegen, mit denen man mal eben über die Arbeit lästern kann. Also müsst ihr diesen Part übernehmen.
Mittlerweile bin ich mit Übersetzen fertig. Jetzt muss ich den Roman kürzen. Dummerweise um fast ein Drittel, weil die Heftchen einfach nicht mehr als 360.000 Zeichen haben dürfen. Nachdem ich einmal mit dem Seziermesser und einmal mit der Säge über alle Formulierungen drübergegangen bin, jede auch nur andeutungsweise Wiederholung und viele viele Adjektive gestrichen und zwei unwichtige Charaktere komplett gestrichen habe, liege ich immer noch bei 420.000 Zeichen. Die bisherigen Kürzungen konnte man gerade noch so als stilistische Korrektur und notwendige Straffung durchgehen lassen. Was jetzt kommt, ist die brutale Verstümmelung des Originals. Die Heldin hat ein Buch veröffentlicht. Raus damit. Der missgünstige Cousin des Helden versucht mehrfach, sie öffentlich zu demütigen. Er wird zum höflichen Überbringer einer einzelnen Nachricht zusammengestrichen. Auf einem Ball darf die Heldin ausführlich ihre Zeichenkünste demonstrieren und verwickelt sich dadurch in einen Skandal, der Auswirkungen auf das ganze Buch hat. Die ganze Szene fällt komplett dem Rotstift zum Opfer. Dazu muss ich weiter hinten einiges an Dialogen und Beschreibungen ändern oder selbst neu schreiben.
Ich weiß ja, es ist keine große Literatur, die ich hier bearbeite. Aber eine derartige Verstümmelung hat kein Buch verdient. Und kein Übersetzer eine derartige Arbeit! Vom Grammar-Nazi zum Buchstabenverbrenner. :(
Insofern kann ich nur sagen: ihr habt sicher recht, alles, was Kinder zum Lesen bringt, ist gut. Allerdings bitte ich Naiko und alle anderen Lehrer, davon abzusehen, mein Buch und ähnliche zu Unterrichtszwecken zu verwenden. Dann lieber MTV und RTL.
Zum Thema Twilight habe ich es gemacht, wie jeder gute Akademiker: ich habe mich anhand von Sekundärliteratur ausführlich informiert (anstatt das Werk einfach selbst zu lesen und mir ein eigenes Urteil zu bilden - kommt aber noch). Die Autorin ist Mormonin, Mitte dreissig, sieht auf Fotos aus wie 19, und hat nach eigenen Angaben noch nie ein grusliges Buch gelesen oder einen Horrorfilm gesehen. Die Bücher sind ähnliche Bestseller wie Harry Potter, über den ja auch viel geschimpft wurde. Bei beiden ist die Zielgruppe deutlich jünger als der Großteil der Leser dieses Blogs (soweit ich weiß), trotzdem scheinen Unmengen von Erwachsenen die Bücher ebenfalls zu lesen. Sind wir also selber schuld? Vielleicht sagt das einiges über unser Verhältnis zu Teenagern aus - ich zumindest möchte diese Zeit in meinem Leben liebend gern aus meinem Gedächtnis streichen, was mir nicht wirklich dabei hilft, mich in den Durchschnittsteenager hineinzuversetzen. Andererseits kann ich mich der Aussage meines Bruders nur immer wieder anschließen: wir trauen unseren Kindern oft viel zu wenig zu. Vielleicht ist das der Weg: Trivialliteratur to get them hooked on reading, und dann mit anspruchsvolleren Sachen weiterarbeiten. Und für uns selbst: Trivialliteratur ähnlich verwenden wie McDoof, als etwas, dass es gelegentlich mal braucht. Ohne Reue genießen, und dann ebenso genüsslich drüber lästern, den Stoff gnadenlos auseinandernehmen und zerfleddern. Wie gewisse Übersetzer es mit ihren Büchern tun...
Mittlerweile bin ich mit Übersetzen fertig. Jetzt muss ich den Roman kürzen. Dummerweise um fast ein Drittel, weil die Heftchen einfach nicht mehr als 360.000 Zeichen haben dürfen. Nachdem ich einmal mit dem Seziermesser und einmal mit der Säge über alle Formulierungen drübergegangen bin, jede auch nur andeutungsweise Wiederholung und viele viele Adjektive gestrichen und zwei unwichtige Charaktere komplett gestrichen habe, liege ich immer noch bei 420.000 Zeichen. Die bisherigen Kürzungen konnte man gerade noch so als stilistische Korrektur und notwendige Straffung durchgehen lassen. Was jetzt kommt, ist die brutale Verstümmelung des Originals. Die Heldin hat ein Buch veröffentlicht. Raus damit. Der missgünstige Cousin des Helden versucht mehrfach, sie öffentlich zu demütigen. Er wird zum höflichen Überbringer einer einzelnen Nachricht zusammengestrichen. Auf einem Ball darf die Heldin ausführlich ihre Zeichenkünste demonstrieren und verwickelt sich dadurch in einen Skandal, der Auswirkungen auf das ganze Buch hat. Die ganze Szene fällt komplett dem Rotstift zum Opfer. Dazu muss ich weiter hinten einiges an Dialogen und Beschreibungen ändern oder selbst neu schreiben.
Ich weiß ja, es ist keine große Literatur, die ich hier bearbeite. Aber eine derartige Verstümmelung hat kein Buch verdient. Und kein Übersetzer eine derartige Arbeit! Vom Grammar-Nazi zum Buchstabenverbrenner. :(
Insofern kann ich nur sagen: ihr habt sicher recht, alles, was Kinder zum Lesen bringt, ist gut. Allerdings bitte ich Naiko und alle anderen Lehrer, davon abzusehen, mein Buch und ähnliche zu Unterrichtszwecken zu verwenden. Dann lieber MTV und RTL.
Zum Thema Twilight habe ich es gemacht, wie jeder gute Akademiker: ich habe mich anhand von Sekundärliteratur ausführlich informiert (anstatt das Werk einfach selbst zu lesen und mir ein eigenes Urteil zu bilden - kommt aber noch). Die Autorin ist Mormonin, Mitte dreissig, sieht auf Fotos aus wie 19, und hat nach eigenen Angaben noch nie ein grusliges Buch gelesen oder einen Horrorfilm gesehen. Die Bücher sind ähnliche Bestseller wie Harry Potter, über den ja auch viel geschimpft wurde. Bei beiden ist die Zielgruppe deutlich jünger als der Großteil der Leser dieses Blogs (soweit ich weiß), trotzdem scheinen Unmengen von Erwachsenen die Bücher ebenfalls zu lesen. Sind wir also selber schuld? Vielleicht sagt das einiges über unser Verhältnis zu Teenagern aus - ich zumindest möchte diese Zeit in meinem Leben liebend gern aus meinem Gedächtnis streichen, was mir nicht wirklich dabei hilft, mich in den Durchschnittsteenager hineinzuversetzen. Andererseits kann ich mich der Aussage meines Bruders nur immer wieder anschließen: wir trauen unseren Kindern oft viel zu wenig zu. Vielleicht ist das der Weg: Trivialliteratur to get them hooked on reading, und dann mit anspruchsvolleren Sachen weiterarbeiten. Und für uns selbst: Trivialliteratur ähnlich verwenden wie McDoof, als etwas, dass es gelegentlich mal braucht. Ohne Reue genießen, und dann ebenso genüsslich drüber lästern, den Stoff gnadenlos auseinandernehmen und zerfleddern. Wie gewisse Übersetzer es mit ihren Büchern tun...
10 Juni 2008
You can't unthink it
Man, vielmehr frau, lernt nie aus. Gerade liege ich in den letzten Zügen einer speziellen Übersetzung. Dabei handelt es sich um einen sog. Schundroman, die Sorte, die man nur am Bahnhof kaufen kann. Im Prinzip ist das eine lustige Sache, die Arbeit ist nicht besonders anstrengend und geringfügig weniger langweilig als irgendwelche Patentschriften. Nur sind da dummerweise auch Sexszenen drin. Und da muss ich immer wieder feststellen, dass mir offenbar das Vokabular fehlt. Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Ich kenne die anatomisch korrekten Bezeichnungen für die wichtigsten beteiligten Körperteile, und bin auch mit zahlreichen mehr oder weniger lustig-obszönen Bezeichnungen vertraut, die dafür so kursieren. Beides ist aber dummerweise für die Zielgruppe des Buches nicht passend. Also muss ich mir so furchtbar verklemmt-peinliche Halbzweideutigkeiten wie 'Liebesstab' oder 'Wölbung' oder andere Grässlichkeiten einfallen lassen, um die schönste Nebensache der Welt zu beschreiben. Danach wünsche ich mir regelmäßig eine Dusche. Keine kalte, sondern eine mit viel Desinfektionsmittel, am besten inklusive Hirnspülung.
Von zweifelhaftem Vokabular abgesehen lerne ich aber beim Übersetzen auch wirklich interessante Dinge. Z.B., dass auch in Frauenromanen Frauen sofort willenlos werden, wenn ein Mann sie küsst. (Dachte, dieser raffinierte Plottwist wäre Männerfilmen vorbehalten.) Was ich aber viel beängstigender finde: offenbar zerspringen Männer beim Höhepunkt in Tausend Stücke. Und schlimmer noch, danach schwingt sich die Seele auf in himmlische Höhen des Friedens. So steht's da. Da fragt man sich unwillkürlich, was man falsch macht, denn bisher scheine ich noch auf niemanden diesen Effekt gehabt zu haben. Oder verheimlicht ihr Männer uns das irgendwie? Pflückt eure Seele vom Himmel, klaubt die Scherben auf und klebt euch in mühevoller Kleinstarbeit wieder zusammen?
Das alles wäre noch irgendwie zu ertragen, wenn nicht am Ende neben dem zu erwartenden Heiratsantrag auch noch der Bösewicht auf einmal geläutert, jede im Roman auch nur einmal erwähnten Personen zugegen und die Karriere des Helden auf wundersame, völlig unerwartete Weise gerettet wären. Und auch das würde ich noch aushalten. Wenn nicht jeder dann auch noch mit Blumen werfen würde. Was sag ich, Blumen! Flieder! Yuk!
Uh. Ich glaub, ich brauch noch 'ne Dusche.
Von zweifelhaftem Vokabular abgesehen lerne ich aber beim Übersetzen auch wirklich interessante Dinge. Z.B., dass auch in Frauenromanen Frauen sofort willenlos werden, wenn ein Mann sie küsst. (Dachte, dieser raffinierte Plottwist wäre Männerfilmen vorbehalten.) Was ich aber viel beängstigender finde: offenbar zerspringen Männer beim Höhepunkt in Tausend Stücke. Und schlimmer noch, danach schwingt sich die Seele auf in himmlische Höhen des Friedens. So steht's da. Da fragt man sich unwillkürlich, was man falsch macht, denn bisher scheine ich noch auf niemanden diesen Effekt gehabt zu haben. Oder verheimlicht ihr Männer uns das irgendwie? Pflückt eure Seele vom Himmel, klaubt die Scherben auf und klebt euch in mühevoller Kleinstarbeit wieder zusammen?
Das alles wäre noch irgendwie zu ertragen, wenn nicht am Ende neben dem zu erwartenden Heiratsantrag auch noch der Bösewicht auf einmal geläutert, jede im Roman auch nur einmal erwähnten Personen zugegen und die Karriere des Helden auf wundersame, völlig unerwartete Weise gerettet wären. Und auch das würde ich noch aushalten. Wenn nicht jeder dann auch noch mit Blumen werfen würde. Was sag ich, Blumen! Flieder! Yuk!
Uh. Ich glaub, ich brauch noch 'ne Dusche.
07 Juni 2008
Nachtrag
Mann, ich habe noch so viele Posts im Kopf, die ich eigentlich dringend schreiben müsste, aber irgendwie komm ich weder dazu, euch richtig von unserem Urlaub oder von der Einlaufparade zum Hafengeburtstag zu berichten, noch meine philosophischen Gedanken zur Kunst im Allgemeinen und Verbrechen im Besonderen mitzuteilen oder meine lang geplante Rubrik 'Tanja erklärt die Welt' einzuführen. (Praktisch, dieser Post ist gleichzeitig ein Memo an mich selbst.) Ich verspreche, ich werde das nachholen.
Momentan aber nur ein kleiner Nachtrag zum letzten Post: Ich habe ein neues Idol, nämlich Dub die depressive Schildkröte auf Paraplüsch. Sehr geniales Spielkonzept, mit Sachverstand und viel Gefühl gemacht, finde ich. Dub zu helfen, braucht sehr viel Geduld und Taschentücher, und ist ebenso rührend wie herzzerreissend, genauso wie bei allen anderen Patienten. Jedes Mal, wenn ich spiele, schwöre ich mir, ein Heim für misshandelte Stofftiere aufzumachen. Dieser Vorsatz ist allerdings ein bisschen ins Wanken geraten, als ich heute Nacht geträumt habe, ich hätte ein Baby bekommen, und das dann zwei Wochen in einer Schublade vergessen. Keine Ahnung, was mir mein Unterbewusstsein damit sagen will. Hinweise und Theorien werden gerne angenommen, ich bitte nur von der Anwendung von Eletroschocktherapie abzusehen (im Spiel unterm Bett zu finden). ;-)
Momentan aber nur ein kleiner Nachtrag zum letzten Post: Ich habe ein neues Idol, nämlich Dub die depressive Schildkröte auf Paraplüsch. Sehr geniales Spielkonzept, mit Sachverstand und viel Gefühl gemacht, finde ich. Dub zu helfen, braucht sehr viel Geduld und Taschentücher, und ist ebenso rührend wie herzzerreissend, genauso wie bei allen anderen Patienten. Jedes Mal, wenn ich spiele, schwöre ich mir, ein Heim für misshandelte Stofftiere aufzumachen. Dieser Vorsatz ist allerdings ein bisschen ins Wanken geraten, als ich heute Nacht geträumt habe, ich hätte ein Baby bekommen, und das dann zwei Wochen in einer Schublade vergessen. Keine Ahnung, was mir mein Unterbewusstsein damit sagen will. Hinweise und Theorien werden gerne angenommen, ich bitte nur von der Anwendung von Eletroschocktherapie abzusehen (im Spiel unterm Bett zu finden). ;-)
04 Juni 2008
1 Monat ohne
Ok, eine Quelle für Badewannen und Herde hab ich jetzt - dankeschön! - fehlt nur noch das Haus und die S-Bahn. Denn Naiko hat recht, am wichtigsten am Wohnen ist, dass man nah an den Leuten wohnt, die man gerne und oft sieht. Klingt zu schön, um wahr zu sein. Aber seit ich mit Leo zusammen bin, weiß ich, dass Wunder möglich sind, und dass man sich in den wichtigen Dingen im Leben auf keinen Fall mit einem mäßigen Kompromiss zufrieden geben darf. :)
So, aber jetzt zum eigentlichen Thema: Gestern vor einem Monat habe ich meine letzte Egal-Tablette genommen. Seither bin ich clean. Der Schwindel hat sich mit der Zeit gelegt, ganz ganz selten glaube ich noch, einen Anflug zu spüren, aber das kann auch Einbildung sein. Ein Phänomen aus der Anfangszeit meiner Antidepressiva-Phase hatte ich schon wieder verdrängt, jetzt ist's leider wieder da: das Friteusen-Gefühl. D.h. ich fühle mich oft, als hätte ich einen kräftigen Schluck aus der Friteuse bei McDo zu vor-Wallraff-Zeiten genommen (sprich, als das Fett in den Dingern noch alle 6 Monate statt jeden Tag gewechselt wurde). Bisschen ekliges Gefühl, aber wenn man nicht bewusst drüber nachdenkt, kann man's aushalten. Außerdem weckt das tatsächlich gelegentlich den Wunsch, nicht mehr so fett zu essen, und das ist ja nicht schlecht.
Was aber ist mit dem Egal-Gefühl? Das ist so ziemlich verschwunden. Vielen Dingen kann ich immer noch recht gelassen gegenüber stehen, vermutlich aber nicht wesentlich mehr als vor der Depression. Dem 'Druck' der Arbeit kann ich ganz gut standhalten, hauptsächlich, weil es mir gelingt, selbigen gering zu halten - toi, toi, toi.
Manchmal fühle ich mich unbeschwert und froh und durchwegs positiv - fast so wie früher.
Aber manchmal, wenn ich nicht aufpasse, steht auf einmal ein Gespenst in der Ecke, sieht mich an und flüstert "Ich bin tot, aber ich bin noch hier." Dann spüre ich wieder, wie es war, und die Angst, die das auslöst, fühlt sich so verdammt nach Depression an, dass ich überzeugt bin, alles fängt wieder von vorne an...
Aber es ist tatsächlich nur ein Gespenst, denn es hält sich an Geisterstunden und lässt mich den größten Teil des Tages in Ruhe. Wahrscheinlich muss ich einfach noch eine Weile durchhalten, bis ich überzeugt bin, dass das Gespenst mir nichts tun kann, mich dann mit ihm anfreunden und dann einen Weg finden, es zu erlösen...
Und da sag noch einer, aus Gruselgeschichten lernt man nix fürs Leben. ;)
So, aber jetzt zum eigentlichen Thema: Gestern vor einem Monat habe ich meine letzte Egal-Tablette genommen. Seither bin ich clean. Der Schwindel hat sich mit der Zeit gelegt, ganz ganz selten glaube ich noch, einen Anflug zu spüren, aber das kann auch Einbildung sein. Ein Phänomen aus der Anfangszeit meiner Antidepressiva-Phase hatte ich schon wieder verdrängt, jetzt ist's leider wieder da: das Friteusen-Gefühl. D.h. ich fühle mich oft, als hätte ich einen kräftigen Schluck aus der Friteuse bei McDo zu vor-Wallraff-Zeiten genommen (sprich, als das Fett in den Dingern noch alle 6 Monate statt jeden Tag gewechselt wurde). Bisschen ekliges Gefühl, aber wenn man nicht bewusst drüber nachdenkt, kann man's aushalten. Außerdem weckt das tatsächlich gelegentlich den Wunsch, nicht mehr so fett zu essen, und das ist ja nicht schlecht.
Was aber ist mit dem Egal-Gefühl? Das ist so ziemlich verschwunden. Vielen Dingen kann ich immer noch recht gelassen gegenüber stehen, vermutlich aber nicht wesentlich mehr als vor der Depression. Dem 'Druck' der Arbeit kann ich ganz gut standhalten, hauptsächlich, weil es mir gelingt, selbigen gering zu halten - toi, toi, toi.
Manchmal fühle ich mich unbeschwert und froh und durchwegs positiv - fast so wie früher.
Aber manchmal, wenn ich nicht aufpasse, steht auf einmal ein Gespenst in der Ecke, sieht mich an und flüstert "Ich bin tot, aber ich bin noch hier." Dann spüre ich wieder, wie es war, und die Angst, die das auslöst, fühlt sich so verdammt nach Depression an, dass ich überzeugt bin, alles fängt wieder von vorne an...
Aber es ist tatsächlich nur ein Gespenst, denn es hält sich an Geisterstunden und lässt mich den größten Teil des Tages in Ruhe. Wahrscheinlich muss ich einfach noch eine Weile durchhalten, bis ich überzeugt bin, dass das Gespenst mir nichts tun kann, mich dann mit ihm anfreunden und dann einen Weg finden, es zu erlösen...
Und da sag noch einer, aus Gruselgeschichten lernt man nix fürs Leben. ;)
20 Mai 2008
The end of life as we know it
Eigentlich wollte ich diesen Eintrag mit 'Ich kann so nicht mehr leben' betiteln. Aber das erschien mir dann doch unnötig erschreckend-dramatisch.
Denn tatsächlich geht's nur um Äußerlichkeiten.
für ein cooles Leben man hier veranstalten könnte!
Wenn ihr euch fragt, was ich in nächster Zeit zu Hause so treiben werde: ich werde mich auf die Suche nach einem ebensolchen Anwesen machen.
Manche Dinge kann man sich einfach nicht mehr abgewöhnen, und dieses Haus gehört definitiv dazu.
Denn tatsächlich geht's nur um Äußerlichkeiten.
Vielleicht sollte ich von vorne anfangen: Momentan sind wir im Urlaub (!) in Irland. Dort besuchen wir meinen Bruder, seine Freundin und deren Kinder (eins davon noch in Arbeit befindlich). Die dreieinhalb wohnen zusammen mit noch einer kleinen Familie etwa eine Stunde nördlich von Belfast, und jetzt kommt's, in einem Herrenhaus, das wohl einige hundert Jahre alt und einfach der Gipfel ist. Es liegt auf einem Hügel inmitten von Schafweiden und typisch englischen Steinmäuerchen,
drumherum nur sanft geschwungene Natur und ganz vereinzelt mal ein Haus. Der Garten ist riesig, mit uralten Buchen und Obstbäumen bestanden, es gibt einen kleinen versteckten Teich, ein Baumhaus, ein paar romantische Schaukeln und einen Gemüsegarten mit allem, was das Herz begehrt. Morgens beim Zähneputzen kann ich beobachten, wie sich Eichhörnchen und Rotkehlchen begleitet von einem Krähenorchester um den besten Platz an der Sonne streiten. D.h., wenn ich nicht grade damit beschäftigt bin, mir zu überlegen, wie ich am geschicktesten die Armaturen im Bad klaue, ohne dass es jemand merkt. Es gibt eine Badewanne mit Löwen-/Adlerfüßen, jedes Zimmer hat einen Kamin und eine Dienstbotenklingel, und in der Küche gibt es einen herrlichen alten Ölherd, der das ganze Haus mit heizt. Von den zahlreichen Stallungen, Schuppen und Werkstatt-Räumen und dem Gewölbekeller will ich gar nicht reden. Kurz: dieses Haus ist einfach genial. Jeder Raum atmet Geschichte, und trotzdem ist das ganze urgemütlich.
Und wir müssen am Ende des Urlaubs wieder in unsere ganz normale moderne Hamburger Zweizimmerwohnung zurück. Wie, bitteschön, soll ich das aushalten? Wie ohne diesen Garten auskommen? Ohne die Möglichkeit, in jedem Zimmer ein Feuer anzuzünden, oder in einem alten Stall rumzustöbern und mir zu überlegen, was für Viechzeugs da wohl gehalten wurde und was für coole Rollenspielevents man hier veranstalten könnte? Was sag ich - wasWenn ihr euch fragt, was ich in nächster Zeit zu Hause so treiben werde: ich werde mich auf die Suche nach einem ebensolchen Anwesen machen.
Manche Dinge kann man sich einfach nicht mehr abgewöhnen, und dieses Haus gehört definitiv dazu.
11 Mai 2008
Unheilbar zynisch?
Heute auf dem Weg zum Frühstück. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, Frühling überall, gute Laune. Leos Telefon klingelt, die Arbeit. Jemand ist schwer verletzt, muss gleich operiert werden, man fragt nach Maßnahmen, die ihm hinterher die Arbeit erleichtern sollen, bzw. sicherstellen, dass keine Information verloren geht.
Eine Weile nach dem Anruf. Wir setzen uns in die Sonne, Italiener, Luxusfrühstück, eine sanfte Brise in den Bäumen, vereinzelte Sonnenstrahlen treffen unseren Tisch, Entspannung.
Leo: Na, dann hoffen wir mal, dass der Mann nicht stirbt.
Tanja: Weil du sonst gleich los musst?
Leo: Hauptsächlich, weil er sonst tot ist...
Tanja: ...
Laut Wikipedia ist ein Zyniker jemand, der in (manchmal absichtlich) verletzender Weise die Wertvorstellungen anderer herabsetzt oder missachtet, oder moralische Werte grundsätzlich in Frage stellt (und manchmal sich obendrein über sie lustig macht).
Das, was ich da geliefert habe, geht meiner Meinung nach noch ein gutes Stück darüber hinaus, denn es geschah weder absichtlich noch aus dem Wunsch zu verletzen oder auch nur einen coolen Spruch zu machen. Es war einfach eine ganz unschuldige und gedankenlose Äußerung, die das Ausmaß meiner Gewöhnung an Sachen zeigt, von denen ich nicht sicher bin, ob ich an sie gewöhnt sein will.
Ich habe ein Monster erschaffen - mich selbst!?
Bitte, lieber Mann auf dem OP-Tisch, stirb nicht, denk daran wie schön die Sonne scheint, und dass hier draußen jemand an dich denkt, und halte durch!
Eine Weile nach dem Anruf. Wir setzen uns in die Sonne, Italiener, Luxusfrühstück, eine sanfte Brise in den Bäumen, vereinzelte Sonnenstrahlen treffen unseren Tisch, Entspannung.
Leo: Na, dann hoffen wir mal, dass der Mann nicht stirbt.
Tanja: Weil du sonst gleich los musst?
Leo: Hauptsächlich, weil er sonst tot ist...
Tanja: ...
Laut Wikipedia ist ein Zyniker jemand, der in (manchmal absichtlich) verletzender Weise die Wertvorstellungen anderer herabsetzt oder missachtet, oder moralische Werte grundsätzlich in Frage stellt (und manchmal sich obendrein über sie lustig macht).
Das, was ich da geliefert habe, geht meiner Meinung nach noch ein gutes Stück darüber hinaus, denn es geschah weder absichtlich noch aus dem Wunsch zu verletzen oder auch nur einen coolen Spruch zu machen. Es war einfach eine ganz unschuldige und gedankenlose Äußerung, die das Ausmaß meiner Gewöhnung an Sachen zeigt, von denen ich nicht sicher bin, ob ich an sie gewöhnt sein will.
Ich habe ein Monster erschaffen - mich selbst!?
Bitte, lieber Mann auf dem OP-Tisch, stirb nicht, denk daran wie schön die Sonne scheint, und dass hier draußen jemand an dich denkt, und halte durch!
25 April 2008
A dot connected
Und schon wieder muss ich euch mit Youtube zudröhnen. Diesmal sind es sogar über 14 Minuten. Aber das Zuhören lohnt sich, wie ich finde. Kein Wunder, der Mann redet über mein Leben.
Und wie ich fürchte auch über das unzähliger anderer. Ich kann mir nicht helfen - ich sehe die Gesichter der zuhörenden Studenten, und weiß, dass sie alle trotzdem BWL studieren und Karriere machen (somebody elses live leben) werden. Weil das genau das ist, was sie wollen, the kind of work they love. Oder weil sie denken, dass es das ist.
Was hätte ich getan, wenn jemand zu meinem Studienbeginn so eine Rede gehalten hätte? Wahrscheinlich hätte es nicht viel geändert. Weil ich damals nicht wusste, was ich will. Weil das, was ich zu wollen glaubte, von so vielen anderen beeinflusst war, von dem Wunsch, anderen zu gefallen, so zu sein, wie alle anderen, zu machen, was 'man' eben macht, wenn man ein gutes Abi hat und die Welt einem offen steht.
Weil es ungemein schwer war, zu wissen, was ich will.
Das finde ich oft immer noch ziemlich schwierig. Und ich scheine nicht allein zu sein. Nicht nur in beruflichen Fragen.
Woher weiß man eigentlich, was man will? Woher kommt die innere Stimme, die einem sagt, wenn heute der letzte Tag meines Lebens wäre, müsste ich unbedingt noch dies, das und jenes tun? Und wie zum Teufel kann es sein, dass sie so leise wird, dass man sie nicht mehr hört?
Wie könnte es anders sein, Tori Amos hat ein Lied dazu geschrieben. Dazu gibt's jetzt aber nur noch den Link, sonst kann ich diesen Blog bald komplett nach youtube verlegen.
Sometimes, I said sometimes I hear my voice, and it's been here, silent all these years...
Und wie ich fürchte auch über das unzähliger anderer. Ich kann mir nicht helfen - ich sehe die Gesichter der zuhörenden Studenten, und weiß, dass sie alle trotzdem BWL studieren und Karriere machen (somebody elses live leben) werden. Weil das genau das ist, was sie wollen, the kind of work they love. Oder weil sie denken, dass es das ist.
Was hätte ich getan, wenn jemand zu meinem Studienbeginn so eine Rede gehalten hätte? Wahrscheinlich hätte es nicht viel geändert. Weil ich damals nicht wusste, was ich will. Weil das, was ich zu wollen glaubte, von so vielen anderen beeinflusst war, von dem Wunsch, anderen zu gefallen, so zu sein, wie alle anderen, zu machen, was 'man' eben macht, wenn man ein gutes Abi hat und die Welt einem offen steht.
Weil es ungemein schwer war, zu wissen, was ich will.
Das finde ich oft immer noch ziemlich schwierig. Und ich scheine nicht allein zu sein. Nicht nur in beruflichen Fragen.
Woher weiß man eigentlich, was man will? Woher kommt die innere Stimme, die einem sagt, wenn heute der letzte Tag meines Lebens wäre, müsste ich unbedingt noch dies, das und jenes tun? Und wie zum Teufel kann es sein, dass sie so leise wird, dass man sie nicht mehr hört?
Wie könnte es anders sein, Tori Amos hat ein Lied dazu geschrieben. Dazu gibt's jetzt aber nur noch den Link, sonst kann ich diesen Blog bald komplett nach youtube verlegen.
Sometimes, I said sometimes I hear my voice, and it's been here, silent all these years...
23 April 2008
Risiken und Nebenwirkungen
Sicher kennt ihr das vielstrapazierte Klischee des Verrückten, der sich für normal, und die ganze Welt um sich herum für verrückt hält. Momentan, da ich mich eigentlich als von meiner 'Verrücktheit' halbwegs geheilt (oder wenigstens stark in Heilung begriffen) betrachte, muss ich gestehen, dass mich dieses Gefühl des öfteren beschleicht. Zum Beispiel neulich, im Taxi. Selbiges bestellte ich wie immer bei meiner Lieblings-Taxinummer (man wählt einfach so oft hintereinander die 'number of the beast', bis sich am anderen Ende der Leitung ein Taxiunternehmen meldet), und diesmal schickten sie mir endlich mal einen zur Nummer passenden Fahrer. Der redete nicht nur ununterbrochen, sondern hatte auch seine ganz eigene Theorie zu allen möglichen weltanschaulichen Dingen, die Dittsche harmlos erscheinen lassen. Es gelang mir ganz gut, mich mental (nicht verbal, dazu waren zu wenig Gesprächslücken) abzugrenzen, bis er mich auf einen viel zu wenig beachteten, katastrophalen Nebeneffekt der Erderwärmung aufmerksam machte: beim Schmelzen der Pole werde ja so viel Kälte freigesetzt, dass es bestimmt bald zu einer neuen Eiszeit kommen würde. Seither komme ich nicht mehr von diesem Gedankengang los, so sehr ich mich auch dagegen zu wehren versuche. Ist das etwa die Erklärung für das viele schlechte Wetter hier im Norden im letzten Sommer?
Überhaupt scheint mir eine gesunde Portion Paranoia spätestens seit meinem Initiationsbesuch beim Steuerberater angebracht: Wenn man selbständig aber verheiratet ist, wird zwar das zu versteuernde Einkommen in einen gemeinsamenen Topf geworfen, aber der Bemessungsbetrag für den Steuersatz wird nicht erhöht. D.h. wir verdienen zwar zu zweit, zahlen aber soviel wie eine Person mit doppeltem Einkommen. Liegt's an mir, dass ich mir da irgendwie diskriminiert vorkomme? Gemäß oben erwähnter Theorie ist die Welt dann wohl gerecht, und ich übersensibel. Deswegen stört es mich wahrscheinlich auch, wenn ich an einem Bestattungsinstitut vorbeilaufe, auf dessen Firmenschild unter dem Namen groß 'Bestatterinnen' steht. Wen interessiert's bitteschön, ob er von einem männlichen oder einem weiblichen Bestatter in den Sarg gepackt wird? Der Tod macht uns alle... äh... unterschiedlich?
Zum Glück hatte mein Versicherungsberater gleich das passende Produkt für solche Fälle parat: für Firmen gibt es tatsächlich eine Anti-Diskriminierungs-Versicherung. Na dann is ja gut. Sobald jeder diese Versicherung hat, kann man dann nach Herzenslust diskriminieren, sich als Diskriminierter dafür entschädigen lassen, und ich kann endlich den dämlichen Autor von Warum Frauen gern Mars essen und Männer nur ohne Schuhe einparken können verklagen (von dem mein Taxifahrer übrigens in höchsten Tönen schwärmte).
Zum Glück habe ich am Ende dieser letzten zwei Tage, innerhalb derer sich dieses ganze verwirrende Kuddelmuddel abspielte, noch einen Laden gefunden, der mich wieder etwas mit der Welt versöhnt hat. Laut Firmenschild kann man dort 'Endzeitmöbel' kaufen. Leider (?) steht der Laden schon lange leer. Was nur drei Dinge bedeuten kann:
a) In einer wie auch immer gearteten Endzeit braucht man keine Möbel.
b) Die Endzeit ist längst da, allerdings nur in dem räumlich sehr beschränkten Universums 'Möbelladen'.
c) Die Endzeit ist schon vorbei, deswegen ist der Laden ausverkauft/nicht mehr nötig.
Ich finde, das klingt alles irgendwie positiv. Und das, obwohl ich schon seit drei Tagen keine Tablette mehr genommen habe. Was mich zu der Vermutung verleitet, dass
a) ich trotz anhaltendem Schwindel keine Tabletten mehr brauche
b) die Genesung längst stattgefunden hat,
c) die Depression schon vorbei ist.
Ich finde, das klingt alles irgendwie positiv.
Und wem das alles etwas wirr vorkommt, der rufe mich unter der bekannten Nummer an, ich besorg mir ein Taxischild, hole euch ab und quatsche euch so lange zu, bis ihr mir glaubt: die Welt ist verrückt, ich bin normal.
Überhaupt scheint mir eine gesunde Portion Paranoia spätestens seit meinem Initiationsbesuch beim Steuerberater angebracht: Wenn man selbständig aber verheiratet ist, wird zwar das zu versteuernde Einkommen in einen gemeinsamenen Topf geworfen, aber der Bemessungsbetrag für den Steuersatz wird nicht erhöht. D.h. wir verdienen zwar zu zweit, zahlen aber soviel wie eine Person mit doppeltem Einkommen. Liegt's an mir, dass ich mir da irgendwie diskriminiert vorkomme? Gemäß oben erwähnter Theorie ist die Welt dann wohl gerecht, und ich übersensibel. Deswegen stört es mich wahrscheinlich auch, wenn ich an einem Bestattungsinstitut vorbeilaufe, auf dessen Firmenschild unter dem Namen groß 'Bestatterinnen' steht. Wen interessiert's bitteschön, ob er von einem männlichen oder einem weiblichen Bestatter in den Sarg gepackt wird? Der Tod macht uns alle... äh... unterschiedlich?
Zum Glück hatte mein Versicherungsberater gleich das passende Produkt für solche Fälle parat: für Firmen gibt es tatsächlich eine Anti-Diskriminierungs-Versicherung. Na dann is ja gut. Sobald jeder diese Versicherung hat, kann man dann nach Herzenslust diskriminieren, sich als Diskriminierter dafür entschädigen lassen, und ich kann endlich den dämlichen Autor von Warum Frauen gern Mars essen und Männer nur ohne Schuhe einparken können verklagen (von dem mein Taxifahrer übrigens in höchsten Tönen schwärmte).
Zum Glück habe ich am Ende dieser letzten zwei Tage, innerhalb derer sich dieses ganze verwirrende Kuddelmuddel abspielte, noch einen Laden gefunden, der mich wieder etwas mit der Welt versöhnt hat. Laut Firmenschild kann man dort 'Endzeitmöbel' kaufen. Leider (?) steht der Laden schon lange leer. Was nur drei Dinge bedeuten kann:
a) In einer wie auch immer gearteten Endzeit braucht man keine Möbel.
b) Die Endzeit ist längst da, allerdings nur in dem räumlich sehr beschränkten Universums 'Möbelladen'.
c) Die Endzeit ist schon vorbei, deswegen ist der Laden ausverkauft/nicht mehr nötig.
Ich finde, das klingt alles irgendwie positiv. Und das, obwohl ich schon seit drei Tagen keine Tablette mehr genommen habe. Was mich zu der Vermutung verleitet, dass
a) ich trotz anhaltendem Schwindel keine Tabletten mehr brauche
b) die Genesung längst stattgefunden hat,
c) die Depression schon vorbei ist.
Ich finde, das klingt alles irgendwie positiv.
Und wem das alles etwas wirr vorkommt, der rufe mich unter der bekannten Nummer an, ich besorg mir ein Taxischild, hole euch ab und quatsche euch so lange zu, bis ihr mir glaubt: die Welt ist verrückt, ich bin normal.
20 April 2008
Kulturförderung
Heute ist Sonntag.
Einer der wenigen dienstfreien Tage im April.
Mein Mann telefoniert gerade zum vierten Mal mit seinem Arbeitgeber. Weil die Arbeit für morgen organisiert werden muss - ein Auswärtstermin steht an, ein Assistent fehlt, welches Auto nimmt man denn, und wann trifft man sich wo zur gemeinsamen Abfahrt.
Eigentlich nicht weiter schlimm. Muss ja irgendwann und von irgendwem organisiert werden. Oder?
Sollte die Planung der Arbeit nicht eigentlich während der Arbeitszeit erfolgen? Weil sie ein Teil der Arbeit, nicht der Freizeit ist.
Mein Mann sagt, er schreibt sich Überstunden dafür auf. Die er irgendwann abfeiern darf. Evtl. Wenn nicht wieder mal grade jemand fehlt. Weil er keine Vertretung für sich finden konnte. Was eigentlich Aufgabe seines Arbeitgebers wäre.
Mein Mann meint, das sei halt die 'Kultur 'an seiner Arbeitsstätte.
Kultur, nach der Definition, die ich gelernt habe, ist (stark verkürzt und vereinfacht) ein Satz von Werten, Normen, Regeln zum Umgang mit Situationen, die sich eine mehr oder weniger geschlossene Gruppe selbst gibt.
Nicht zwingend explizit. Häufig gar nicht bewusst. Stabilität und Dauerhaftigkeit gewinnt das ganze hauptsächlich dadurch, dass man sich dran hält und danach lebt. Weil das eben so ist. Weil's alle machen.
Kultur - ist das nicht was schönes? Förderungswürdiges?
Einer der wenigen dienstfreien Tage im April.
Mein Mann telefoniert gerade zum vierten Mal mit seinem Arbeitgeber. Weil die Arbeit für morgen organisiert werden muss - ein Auswärtstermin steht an, ein Assistent fehlt, welches Auto nimmt man denn, und wann trifft man sich wo zur gemeinsamen Abfahrt.
Eigentlich nicht weiter schlimm. Muss ja irgendwann und von irgendwem organisiert werden. Oder?
Sollte die Planung der Arbeit nicht eigentlich während der Arbeitszeit erfolgen? Weil sie ein Teil der Arbeit, nicht der Freizeit ist.
Mein Mann sagt, er schreibt sich Überstunden dafür auf. Die er irgendwann abfeiern darf. Evtl. Wenn nicht wieder mal grade jemand fehlt. Weil er keine Vertretung für sich finden konnte. Was eigentlich Aufgabe seines Arbeitgebers wäre.
Mein Mann meint, das sei halt die 'Kultur 'an seiner Arbeitsstätte.
Kultur, nach der Definition, die ich gelernt habe, ist (stark verkürzt und vereinfacht) ein Satz von Werten, Normen, Regeln zum Umgang mit Situationen, die sich eine mehr oder weniger geschlossene Gruppe selbst gibt.
Nicht zwingend explizit. Häufig gar nicht bewusst. Stabilität und Dauerhaftigkeit gewinnt das ganze hauptsächlich dadurch, dass man sich dran hält und danach lebt. Weil das eben so ist. Weil's alle machen.
Kultur - ist das nicht was schönes? Förderungswürdiges?
17 April 2008
Bilder- und Worteklau
Heute bin ich traurig.
So hingeschrieben klingt das irgendwie sehr nach Schulaufsatz.
Aber mir wurde glaubhaft versichtert, dass es wichtig ist, meine Gefühle auszudrücken. Also werde ich die unsinnige Angst, dass sich jetzt alle bemüßigt fühlen, mich retten zu wollen, einfach beiseite schieben, und versuchen, ein Bild von meinem Innenleben zu zeichnen. (Unsinnig, weil mich das ja eigentlich freuen sollte; tatsächlich ist es mir aber eher unangenehm - es könnt sich ja jemand Sorgen machen, und das will ich doch nicht. Warum eigentlich?)
Ein Bild ist gar nicht so einfach; ich habe zwar irgendwo begabte Malergene in der Familie, aber sehr wenig Übung. Was meine Stimmung immer sehr schön ausdrückt, ist Musik. Und das ist auch gleich eine gute Gelegenheit, euch von meinen fantastischen Neuentdeckungen bei lastfm zu berichten. Unter meinen Favoriten sind zur Zeit Imogen Heap (nein, ich weiß auch nicht genau, wie man das ausspricht, und ja, die Musik ist genau so wie der Name klingt), Sarah Slean (ich steh einfach auf die girl-and-her-piano-Sache), Kate Havnevnik, Natalie Merchant und Sia. Kate Nash ist auch klasse, passt aber nicht so ganz in meine momentane Gefühlslage.
Seht ihr, wie geschickt ich jetzt abgelenkt habe? Eigentlich sollte die Musik ja dazu dienen, meine Stimmung zu verdeutlichen. Also:
Das trifft's schon ziemlich genau. Oder auch das hier:
Oder am besten das hier (bis zum Ende angucken, das wird am Schluss richtig stark):
Jetzt habe ich euch dazu gebracht, stundenlang Videos zu gucken, und mich elegant um Worte gedrückt. Dabei sollten doch Worte meine Spezialität sein. Und eigentlich kann ich ja auch ziemlich genau sagen, wie's mir geht: ich bin traurig.
Der Schwindel hat ziemlich nachgelassen und kommt nur noch ganz selten kurz durch. Eigentlich fühle ich mich emotional recht stabil, mit der Tendenz, mir etwas mehr Sorgen zu machen als zu den besten Alles-Egal-Zeiten, aber nicht annähernd so wie zu Depressionszeiten. Vielleicht fällt's mir nur mehr auf, weil ich eben jetzt beim Medizin-Absetzen besonders drauf achte.
Und heute bin ich eben traurig. Melancholisch. Ein bisschen unglücklich. Über nichts bestimmtes, einfach nur so. Angefüllt von einem Gefühl. Und wieder mal trifft jemand anders genau das, was ich sagen will, am besten mit einem Songtext:
I need the darkness
The sweetness
The sadness
The weakness
Oh, I need this...
So hingeschrieben klingt das irgendwie sehr nach Schulaufsatz.
Aber mir wurde glaubhaft versichtert, dass es wichtig ist, meine Gefühle auszudrücken. Also werde ich die unsinnige Angst, dass sich jetzt alle bemüßigt fühlen, mich retten zu wollen, einfach beiseite schieben, und versuchen, ein Bild von meinem Innenleben zu zeichnen. (Unsinnig, weil mich das ja eigentlich freuen sollte; tatsächlich ist es mir aber eher unangenehm - es könnt sich ja jemand Sorgen machen, und das will ich doch nicht. Warum eigentlich?)
Ein Bild ist gar nicht so einfach; ich habe zwar irgendwo begabte Malergene in der Familie, aber sehr wenig Übung. Was meine Stimmung immer sehr schön ausdrückt, ist Musik. Und das ist auch gleich eine gute Gelegenheit, euch von meinen fantastischen Neuentdeckungen bei lastfm zu berichten. Unter meinen Favoriten sind zur Zeit Imogen Heap (nein, ich weiß auch nicht genau, wie man das ausspricht, und ja, die Musik ist genau so wie der Name klingt), Sarah Slean (ich steh einfach auf die girl-and-her-piano-Sache), Kate Havnevnik, Natalie Merchant und Sia. Kate Nash ist auch klasse, passt aber nicht so ganz in meine momentane Gefühlslage.
Seht ihr, wie geschickt ich jetzt abgelenkt habe? Eigentlich sollte die Musik ja dazu dienen, meine Stimmung zu verdeutlichen. Also:
Das trifft's schon ziemlich genau. Oder auch das hier:
Oder am besten das hier (bis zum Ende angucken, das wird am Schluss richtig stark):
Jetzt habe ich euch dazu gebracht, stundenlang Videos zu gucken, und mich elegant um Worte gedrückt. Dabei sollten doch Worte meine Spezialität sein. Und eigentlich kann ich ja auch ziemlich genau sagen, wie's mir geht: ich bin traurig.
Der Schwindel hat ziemlich nachgelassen und kommt nur noch ganz selten kurz durch. Eigentlich fühle ich mich emotional recht stabil, mit der Tendenz, mir etwas mehr Sorgen zu machen als zu den besten Alles-Egal-Zeiten, aber nicht annähernd so wie zu Depressionszeiten. Vielleicht fällt's mir nur mehr auf, weil ich eben jetzt beim Medizin-Absetzen besonders drauf achte.
Und heute bin ich eben traurig. Melancholisch. Ein bisschen unglücklich. Über nichts bestimmtes, einfach nur so. Angefüllt von einem Gefühl. Und wieder mal trifft jemand anders genau das, was ich sagen will, am besten mit einem Songtext:
I need the darkness
The sweetness
The sadness
The weakness
Oh, I need this...
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