16 März 2020

Der erste Tag vom neuen Alltag

Lange war es wieder mal still hier. Jetzt habe ich aber gerade das akute Bedürfnis, eine Art Tagebuch zu schreiben. Einmal als Erinnerung - "weißt du noch, damals, als wegen dem Virus alles geschlossen war?" - und zum anderen, um gegen das Gefühl der Isolation anzuschreiben, das mich - eingefleischter Stubenhocker, Zu-Hause-Nerd, jeden-Tag-dieselbe-Hose-Träger - fest im Griff zu haben scheint.

Seit heute sind die Schulen also geschlossen. War eigentlich schon die ganze letzte Woche klar, und entsprechend haben wir uns schon lange vorbereitet. Unser Klassenzimmer im frisch renovierten, eigentlich als Spiele- und Partyraum gedachten Keller, ist voll ausgestattet mit Tisch und Stühlen, einem Schrank mit einem Fach für jedes der fünf Kinder, einer uralten Tafel (hauptsächlich für die Atmosphäre) und vor allem mit WLAN, zwei Computern, Beamer, zwei+ iPads mit jeder Menge Lern-Apps und Materialien drauf. Gar nicht so wenig Arbeit, bis das alles ein- und hergerichtet war.
Und nach dem ersten Schultag bin ich ganz schön fertig. Die Kinder haben gut mitgemacht, aber jedes der fünf hat halt seine eigenen Bedürfnisse, ganz selbständig klappt nicht immer alles, und nebenbei sollte ich ja auch noch meine eigene Arbeit erledigt kriegen. Aber dafür hat's eigentlich recht gut geklappt.

Wenn man rausgeht, habe ich das Gefühl, über allem liegt eine Art erwartungsvolles Schweigen. Wahrscheinlich ist das nur meine Wahrnehmung, bei uns im Viertel ist ja nie viel los, also ist wohl gar nichts anders. Die Leute schwanken zwischen "Supermarkt leerkaufen" und "ist doch alles übertrieben". Übertrieben ist gar nix, wir sind eher spät dran mit Maßnahmen, finde ich. Ab heute sind neben Schulen alle anderen öffentlichen Einrichtungen geschlossen, ab Mittwoch alle nicht für den täglichen Bedarf nötigen Geschäfte. Und eben kam die Meldung, dass die EU die Außengrenzen dicht macht. Klingt dramatisch. Ist es wohl auch.
Bei Leo in der Arbeit hat sich ein erkrankter Kollege trotz Fieber noch in die Arbeit geschleppt. Jetzt ist es bestätigt, dass er Corona hat. Danke auch.

Immerhin hat mein Vater mithilfe von Logarithmus-Papier und den offiziell verfügbaren Infektionszahlen ausgerechnet, dass die Beschleunigung des Wachstums bereits nachlässt. Noch nicht genug, sagt er, aber immerhin geht der Trend in die richtige Richtung.
Also tun wir momentan jetzt einfach unser Bestes, um die Kurve abzuflachen, versuchen, den Alltag aufrechtzuerhalten, und hoffen, dass irgendwann die viel gerühmte Ruhe und zusätzliche Freizeit einsetzt, von der alle im Internet reden...