26 September 2007

Wies'n-Kuriositäten

Kuriositäten haben auf dem Oktoberfest Tradition, schließlich hat das ganze ja mal als Jahrmarkt, sprich organisierte Freak-Show angefangen. Heute sind die Sachen, die man in den Schaubuden sieht, größtenteils normal, dafür sind die Besucher Freaks, vor allem nach durchschnittlichem bis gehobenem Biergenuss (kleine Bayrischlektion: die Mass ist weiblich und spricht sich mit kurzem a, kostet ein Vermögen und enthält ca. 0,6 L Bier und 0,4 L Schaum, was trotzdem niemanden davon abzuhalten scheint, sie in großen Mengen zu konsumieren).
Dieses Jahr äußert sich das u.a. in zwei netten Randbegebenheiten:
Ein (wahrscheinlich in langsamem Tempo, aber effektiv) angetrunkener Schweizer hat sich in der Geisterbahn so sehr vor einem der Geister erschrocken, dass er sich eine Holzlatte schnappte und den Geist verprügelte. Zum Glück war's nur eine Puppe, aber die Elektronik ist wohl hin.
Eine Frau kam mit Platzwunde unter dem Auge ins Sanitätszelt, weil jemand ein paar Tische weiter etwas nach ihr geworfen hatte. Keinen Masskrug (der hätte sie erschlagen). Auch kein Wies'n-Hendl (=Grillhähnchen), die sind zwar sehr salzig, aber doch nicht hart genug. Sondern eine Mohrrübe. Das Kurioseste daran ist nicht, dass er die über diverse Biertische hinweg mit großer Wucht geschleudert haben muss, um eine Platzwunde zu verursachen. Sondern dass er in einem Bierzelt auf ungeklärte Weise an sowas gesundes wie Gemüse rangekommen ist.
Hab ich schon mal erwähnt, dass ich München vermisse?

22 September 2007

An alle Hamburger

Ich muss jetzt mal schamlos Werbung machen: es gibt in Hamburg, Zitat "der sogenannten Welt- und Medienstadt", ungefähr genau ein Kino, das Filme im englischen Original zeigt, und zwar das Grindelkino. Ohne das wären wir hier echt verloren, weil wir die meisten Filme einfach lieber im Original sehen. Jetzt ist das Kino, das es offenbar schon seit den 50ern gibt, mal wieder von der Schließung bedroht, weil kein Geld da ist.
Deswegen: wenn ihr ins Kino geht, und das irgendwie machbar ist, nehmt einfach das Grindel. Kostet nicht mehr oder weniger als andere Kinos, ist technisch auf einigermaßen neuem Stand, man sitzt bequem, und die meisten Filme laufen dort auch auf Deutsch.
Es sei denn, ihr wollt es auf euch sitzen lassen, dass das viel weniger weltstädtische München mehr internationale Kinos hat als Hamburg - was jetzt schon der Fall ist, aber wenn's in Hamburg gar keins mehr gäbe, würden euch die Münchner echt 'ne lange Nase drehen.
Also, fühlt euch bei eurer Ehre gepackt: Rettet das Grindel!

19 September 2007

Mehr Wasserpsychologie

Schon wieder so ein unexakter Titel. Wollte erst Waschküchenpsychologie schreiben, aber ich hab ja gar keine Waschküche, und überhaupt ist das gar nicht mehr zeitgemäß, um 'Frau die zu Hause sitzt und sich Gedanken macht' zu assoziieren. Oder?
Im Gespräch mit diversen Freundinnen stelle ich immer wieder fest, dass viele von uns ähnlich schlecht im Komplimente annehmen etc. sind wie ich. Birgit hat in ihrem Kommentar das Phänomen mit einem Poesiealbum-Spruch schön zusammengefasst.
Jetzt erinnere ich mich aber aus meinem Nebenfach-Psychologiestudium an einen sog. Attributionsfehler, konkret die 'dem Selbst dienende Verzerrung'. Die bewirkt grob, dass man für Sachen, die schief gehen, meistens andere Leute oder äußere Faktoren verantwortlich macht, während man sich für Sachen, die gut laufen, eher selbst die Ursache zuschreibt. Ich hab's extra nochmal nachgelesen: da stehen allgemeine Formulierungen wie 'der Mensch neigt dazu', oder 'wir schreiben uns Verdienste zu'. Keine Unterscheidung nach Mann und Frau. Als einzige Ausnahme von diesem Prinzip werden Depressive genannt, die dieser Verzerrung nicht unterliegen. Weiter heißt es, es gebe Untersuchungen, die nahelegen, dass diese Verzerrungen uns tatsächlich helfen, das Leben besser zu bewältigen, länger zu leben und uns besser anzupassen.
Daraus kann ich als Frau mit typischer Veilchenmentalität jetzt verschiedene Schlüsse ziehen:
a) Frauen sind keine Menschen im Sinne der Psychologie.
b) Alle 'typischen' Frauen sind depressiv.
c) 'Typische' Frauen haben erhebliche Schwierigkeiten, ihr Leben zu bewältigen.
d) Frauen haben ein überdurchschnittliches Selbstwertgefühl und haben deswegen solche albernen Verzerrungen nicht nötig.
e) Mein Psychologiebuch ist etwas über 10 Jahre alt. Die wichtigen Studien zum Thema stammen laut Wikipedia aus den 70er Jahren. Damals gab es noch keine Frauen.
f) Dass dieses Phänomen typisch Frau ist, ist in Wirklichkeit eine Verzerrung meinerseits, um nicht die Verantwortung dafür übernehmen zu müssen, dass ich mich ständig selber klein mache, sondern meiner Erziehung, der Gesellschaft und meiner genetischen Disposition die Schuld geben kann, anstatt etwas zu ändern.
Während ich das hier geschrieben habe, habe ich parallel mal ein bisschen recherchiert, und bin tatsächlich doch noch auf einen Text gestoßen, der Geschlechterunterschiede macht, passenderweise vom Landesverband für Hochbegabung. Da steht auch gleich, wie Eltern ihre Kinder zu besserer Attribution erziehen können. Interessante Nebensache: wer seine Kinder darin ermutigt, Ursachen für ihre eigenen Misserfolge in externen, sprich nicht beeinflussbaren Faktoren zu sehen, erzieht sie zur Hilflosigkeit. Ist man mit einem besseren Selbstwertgefühl also tatsächlich hilfloser, wenn man mal versagt? Bringt einen das dazu, dass man Dinge gar nicht erst versucht, wenn man befürchtet, sie nicht schaffen zu können? Klingt unlogisch. Ich glaube, ich habe mich grade in eine Ecke geschrieben, aus der ich nicht mehr rauskomme. Entwirrungsversuche dieses Gedankenknäuels sind willkommen, auch von Leuten, die sich's aufgrund von mangelndem Selbstwertgefühl oder anerzogener Hilflosigkeit nicht zutrauen!

09 September 2007

Unterwasser-Psychologie

Ok, hier ist ein schriftstellerischer Kardinalfehler: der Autor belügt seine Leser. Ich war gar nicht *unter* Wasser. Aber Im-Wasser-Psychologie klingt einfach nicht so toll.
Egal, bitte nicht die Autorin hassen, sondern einfach weiterlesen. :)
Seit ich hier wohne, gehe ich regelmäßig einmal die Woche mit Bettina zum Schwimmen, von gelegentlichen krankheits- oder hochzeitsbedingten Unterbrechungen abgesehen. Meistens machen wir irgendeine Form von Gymnastik. Aqua Body Fit, H2O Bauch Beine Po, und solche sinnigen Sachen, oder aber Aquajogging. Dabei bindet man sich einen Gurt um den Bauch, der einem ein bisschen Auftrieb verpasst, und strampelt dann mit annähernd den selben Bewegungen wie beim Joggen durchs tiefe Wasser, mit dem Unterschied, dass man dabei mit max. 3m pro Minute nicht wirklich voran kommt.
Diese Woche waren wir richtig viele, sieben oder acht Leute, deswegen mussten wir alle brav hintereinander durchs Becken strampeln, um den richtigen Schwimmern nicht ins Gehege zu kommen. Durch einen unglücklichen Zufall fand ich mich als Entenmutter an der Spitze der Reihe.
Und jetzt kommt Psycho-Teil I.
Ich strampelte mich also so gut ich konnte ab, um die anderen nicht aufzuhalten, und holte irgendwann fast das hintere Ende der Schlange ein. Bettina, genau wie ich nie außer Atem genug um nicht noch ratschen zu können, meinte: "Na, motivierend, wenn man auf einmal wieder jemanden vor sich hat." Was mich erstaunte, denn so empfand ich das gar nicht. Das, was mich motiviert hatte, mich so zu beeilen, war der Gedanke, dass ich die Leute hinter mir aufhalten und behindern könnte. Deswegen überholte ich die Frau vor mir auch nicht (und wegen des japanischen Schriftzugs, der auf ihrem Rücken eintätowiert war, und den ich unbedingt zu Ende lesen wollte), auch wenn das bedeutete, dass ich mich zurücknehmen musste.
Psycho-Teil II:
Statt dessen schlug ich der Trainerin vor, dass wir ja mal wenden könnten, dann wären die schnelleren wieder vorne. Sie meinte, ich sollte einfach ein bisschen warten. Oder aber es mal ohne Bauchgurt versuchen, weil ich offenbar eine gute Technik hätte. Eigentlich kein Wunder nach über drei Jahren Training. Aber zu viel der Komplimente für mich. Ich meinte, das läge wahrscheinlich nur an meinen großen Füßen.
Psycho-Teil III:
Trotzdem gefiel mir das Lob natürlich immens, und noch bevor mich die Trainerin informierte, dass das eigentlich nur Profi-Sportler machen, hatte ich den Gurt abgelegt. Mit dieser verspäteten Information hätte mir eigentlich klar sein sollen, dass das nix für mich ist, weil Training hin oder her, ich bin einfach nicht sportlich, und schon gar kein Profi. Aber sie hatte ja gesagt, dass ich eine gute Technik hätte und es versuchen könnte. Gleichzusetzen mit musste, also strampelte ich mich eine volle Runde - jetzt doch größtenteils unter Wassser - ohne Gurt durch das Becken. Was wirklich ziemlich anstrengend ist.
Was sagt mir das jetzt über mich? Konkurrenz motiviert nicht. Verantwortung - andere nicht behindern wollen - motiviert immens. Erfolg und dessen Anerkennung motiviert am allermeisten, und läßt mich Dinge versuchen, die eigentlich unsinnig sind. Und gleichzeitig kann ich offenbar kein noch so berechtigtes Lob annehmen. Ich glaub ich bin für die wirkliche Welt einfach nicht geschaffen. Wenn jemand ein Märchenbuch weiß, in dem ich leben könnte, bitte Bescheid sagen.

07 September 2007

Neueste Musikleidenschaften

Neulich bin ich auf eine wunderbare Methode gestoßen, wie man an coole Musiker kommt, die nicht sowieso den ganzen Tag im Radio rauf und runter laufen: Man kaufe sich einen möglichst skurillen Sampler. Zugegeben, da was passendes zu finden, ist nicht einfach, aber wenn irgendwo Neil Gaiman draufsteht ist das bei mir ein fast ebenso sicherer Kaufzwang wie Tori Amos. (Vor allem wenn da auch noch ein Song von Tori drauf ist, den ich noch nicht kenne.) Also erwarb ich die CD Where's Neil when you need him? und war von fast allem, was da so drauf war, ziemlich begeistert. Paradoxerweise nicht von dem Tori Amos Song Sister Named Desire, der ist mir (!) fast etwas zu anstrengend und verkopft. Dafür musste die Repeat-Funktion am CD-Player erstmal für Azam Alis The Cold Black Key herhalten, dann kam ihre Website mit vielen Liedern zum Reinhören dran, und schließlich mußte die CD her. Auch daran habe ich die Repeat-Funktion getestet und wurde nicht enttäuscht. Nebenher kam immer mal wieder der Sampler dran, und ich verliebte mich neu, diesmal in Thea Gilmores dramatisches Even Gods Do. Deren Website hat leider nur drei Lieder zum Reinhören (und auch sonst nicht viel Info), darunter allerdings das schmerzlich-packende Icarus Wind, nach dem ich momentan süchtig bin. Man beachte den Text, der dem Kenner sofort sagt, dass da ein Depri am Werk ist (ok, ich geb's zu, ich hab's irgendwo gelesen). Interessant trotzdem, wieviele depressive Künstler man allein an ihren Texten erkennen kann. Erstaunlich, wie präzise man in so einem kleinen Popsong ausdrücken kann, worum's bei einer Depression geht. Man lese sich nur mal Feel von Robbie Williams durch. Ist die Form des verkürzten, von Wiederholungen geprägten weniger-als-drei-Minuten-Radiolänge-Gedichtes vielleicht gerade gut geeignet, um die Reduzierung der eigenen Persönlichkeit und den Mangel an Gefühlen angesichts dieses gähnenden Abgrundes in einem selbst zu beschreiben? Wenn ich an Hesse oder Hemingway denke, kann ich davon nichts finden. Aber vielleicht habe ich auch die falschen Bücher von denen gelesen. Vielleicht fällt's in Popsongs nur mehr auf, weil man mehr davon hört.
Und vielleicht fällt's auch nur mir auf, weil ich eben jetzt mehr drauf achte. Umso erschreckender ist es, dass immer wieder neue Nachrichten von prominenten Depressiven auftauchen, wo man's halt so gar nicht gedacht hätte. Ok, Britney Spears war jetzt nicht weiter überraschend, das war ja überfällig (in deren Texten, soweit ich sie kenne, findet sich zwar kein Hinweis, aber ich glaub, die schreibt sie auch nicht selbst, das ist ein Computer). Bei Owen Wilson, den ich wirklich komisch finde, war ich schon mehr geschockt. Wobei ich aus eigener Erfahrung nur zu gut weiß, das Spaß machen mit gut drauf sein nichts zu tun haben muss. Was mich aber wirklich fertig macht, ist Mutter Theresa. Wenn irgendjemand ein bisschen Glück und Erfüllung verdient hat, dann doch wohl diese Frau? Das hat sie aber offenbar nie empfunden, wenn man ihren Tagebüchern glaubt. Ich bin geneigt, das als Beweis anzusehen, dass es keinen Gott gibt. Oder, pessimistischer gesehen, dass es sich nicht lohnt, sich aufzuarbeiten, egal für was? Fazit: Depressionen sind nicht pädagogisch wertvoll, sehr wohl aber künstlerisch. Aus schriftstellerischer Perspektive sollte ich mich jetzt also ärgern, dass es mir besser geht... allein, es will mir nicht gelingen... :)

05 September 2007

Oh, Du bist aber braun geworden!

Bevor mich jetzt der Kalauer-Teufel weiter reitet, wende ich mich einem völlig seriösen Thema zu: Behördenkram.
Nachdem meine schöne Urlaubsbräune so langsam abzublättern beginnt, und nichts hinterlässt als vornehme Hamburger Blässe und ein geringfügig erhöhtes Hautkrebsrisiko, habe ich beschlossen, meinen neuen Namen nun endlich bei allen offiziellen Stellen zu dokumentieren. Für Kosten, die nur knapp unter denen für die Hochzeitsfeier liegen (allein ein neuer Reisepass kostet mittlerweile 59 Euro!), werde ich in den nächsten Tagen lauter schöne neue Dokumente kriegen. Mal sehen, ob ich wenigstens die 6 Monate Vorbereitungszeit für die Hochzeit unterbieten kann.
Angefangen habe ich heute auf dem Bezirksamt mit dem Personalausweis. Der kostet nur 10,50. Die Beamtin fragte mich, ob ich bar oder mit Karte zahlen will. Kartenzahlung ist immer was feines, man sieht nicht, wie das Geld einen verlässt, und muss nicht so oft zur Bank rennen um neues Bargeld zu holen. "Mit K...", setzte ich an zu antworten, da fiel mir ein, dass auf der EC-Karte ja noch mein alter Name samt Unterschrift stehen. Gerade hatte ich der Beamtin das Antragsformular aber schon mit meinem neuen Namen unterschrieben. Gesetzlich muss ich das auch wohl ab jetzt. Die Bank weiß aber noch nix davon. Schließlich hab ich noch keinen Personalausweis, um den Namenswechsel zu beweisen. Sollte ich also noch mit dem alten Namen unterschreiben, damit die Bank auch die Zahlung veranlasst? Oder in dem neuen Namen, und riskieren, dass zwar die Beamtin zufrieden ist, ihre Behörde mir aber kein neues Dokument ausstellt, weil sie von meiner Bank kein Geld bekommt?
Einen Moment lang war ich versucht, es auszuprobieren, mich großen Vorbildern gleich auf eine monatelange, nur durch militärische Gewalt zu beendenden Behördencharade einzulassen, als neue Hauptfrau (?!) von Köpenik in die Geschichte einzugehen.
Dann setzte die Vernunft wieder ein. "In bar", gab ich klein bei, und alles nötige wurde in Bewegung gesetzt, um mir alsbald (= in ca. 3 Wochen) einen neuen Ausweis auszustellen. Dafür habe ich dann ganz subversiv im Supermarkt mit Karte gezahlt und mit dem alten Namen unterschrieben.