Mann, der letzte Mitwoch war echt hart. Bin morgens schon irgendwie mit dem falschen Fuß aufgestanden, hab dem aber nicht viel Bedeutung beigemessen. Dann war Gruppentherapie, und ich dachte mir, ich könnt ja mal ein Problem vorstellen. Eins, das nicht wahnsinnig emotional besetzt ist, mein Leben aber schon irgendwie beeinträchtigt, und wo ich mir erhoffte, aus der Gruppendiskussion ein paar Tipps zu bekommen, wie ich gelassener damit umgehen kann. Ich war selbst überrascht, als ich schon beim Beschreiben des Problems, über das ich schon 100mal mit vielen Leuten gesprochen und geschimpft habe, mit den Tränen kämpfen musste. Als dann eine Mitpatientin schilderte, sie sei in der selben Situation, und dabei zu weinen anfing, gab's bei mir kein Halten mehr. Aber ok, ich bin nicht die erste, die in so einer Situation losheult. Wir teilten uns eine Packung Kleenex, ließen die Gruppe Lösungsvorschläge machen, fassten uns wieder, und gut.
Dachte ich.
Dann kam eine Stunde Einzeltherapie. Weil die Therapeutin mich ja noch nicht kennt, fragte sie mich über meine Kindheit und meinen Werdegang aus. Wir sprachen viel über die Schule, und schon wieder fiel es mir schwer, an mich zu halten. (Hab ja kein Problem, vor 'nem Therapeuten zu heulen, aber das Sprechen fällt dann so schwer, und dafür bin ich ja hier.)
An diesem Tag stand nur noch Sport an, also dachte ich, ich hätte das schlimmste überstanden. Ein bisschen Bewegung bringt mich auf andere Gedanken, ich kann mich abreagieren, und danach müde ins Bett fallen, und gut.
Dachte ich.
Und dann beschloss die Gruppe, Volleyball zu spielen.
Ich bin immer noch erstaunt, was das in mir auslöste. Volleyball habe ich seit der Schule nicht mehr gespielt. Ebensowenig wie alle anderen Mannschaftssportarten. Mit gutem Grund. Wir spielten eine halbe Stunde, und jedes Mal wenn der Ball auf meiner Seite des Netzes den Boden berührte, jedes Mal, wenn jemand lachte, oder schimpfte, oder jemanden anfeuerte, hätte ich mich am liebsten ganz klein zusammengerollt und irgendwo verkrochen. Die Sekunden vor dem Aufschlag der anderen Mannschaft, das Warten darauf, dass der Ball zu mir gespielt wird, und am schlimmsten, selbst dran zu sein mit Aufschlagen - unerträglich.
Am Schluss jeder Stunde gibt's ein sog. "Blitzlicht". Jeder beschreibt kurz, wie's ihm geht. Ich war als letzte dran - und brach zusammen. Den Rest des Tages war ich ein in Tränen aufgelöstes Nervenbündel.
Sport ist gesund für Körper und Seele.
Oder so.
3 Kommentare:
Oh je.
Da scheint ja echt einiges losgetreten zu werden bei deinem Aufenthalt dort.
Bin gespannt, ob eine/r der Therapeuten eine Erklaerung dafuer hat, wieso dich bei so etwas harmlosen, nicht-problembesetzten (??) wie Volleyball die Emotionen so stark ueberkommen.
Hm, vielleicht weil einfach eine gewisse Grund-spannung da ist (ich will den Ball kriegen, ich will gut fuer mein Team spielen, etc), und das allein an manchen Tagen einfach schon zu viel ist.
Aehnlich wie wenn man ne halbe Grippe hat und trotzdem in die Arbeit faehrt: auf einmal merkt man, wieviele koerperliche und geistige Abwehrkreafte man braucht, um einfach auf den Zug zu warten, in der Kaelte, mit vielen Leuten um einen herum. Und sonst merkt das gar nicht, was man alles an Einfluessen abwehrt/ausblendet.
Mei Tanja.
Ich drueck Dir so sehr die Daumen, dass das alles hilft und es Dir bald wieder besser geht.
Deine Anke.
liebe tanja,
ich finde, eigentlich hört sich das alles gut an, nicht, weil ich es mir angenehm vorstelle, was du da beschreibst, ganz im gegenteil, aber ein zusammenbruch kann glaub ich auch in durchbruch in eine ebene sein, die man unbewusst noch nicht erreicht hat. ich wünsche dir so sehr,dass das der fall ist!
und ich wünsche dir all die kraft, die du brauchst, um dich selbst zu heilen.
alles liebe
deine n.
Hallo Tanja,
deine Reaktion auf das in den Schulsport-zurückversetzt-Fühlen kann ich so gut nachvollziehen, das löst bei mir verdammt ähnliche Erinnerungen und Gefühle aus.
Als mir mal jemand gesagt hat, all diese Ballspiele würden ein tolles Gruppengefühl geben und den Zusammenhalt in einer Klasse stärken, hätte ich ihn am liebsten geohrfeigt wegen seines Unwissens. Aber das war (vermutlich) einer, der immer mit als erster gewählt wurde.
Ganz viele liebe Grüße und viel.. (tja...Spaß ist das falsche Wort)...Kraft für deine nächsten Kurwochen.
Birgit
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