09 September 2007

Unterwasser-Psychologie

Ok, hier ist ein schriftstellerischer Kardinalfehler: der Autor belügt seine Leser. Ich war gar nicht *unter* Wasser. Aber Im-Wasser-Psychologie klingt einfach nicht so toll.
Egal, bitte nicht die Autorin hassen, sondern einfach weiterlesen. :)
Seit ich hier wohne, gehe ich regelmäßig einmal die Woche mit Bettina zum Schwimmen, von gelegentlichen krankheits- oder hochzeitsbedingten Unterbrechungen abgesehen. Meistens machen wir irgendeine Form von Gymnastik. Aqua Body Fit, H2O Bauch Beine Po, und solche sinnigen Sachen, oder aber Aquajogging. Dabei bindet man sich einen Gurt um den Bauch, der einem ein bisschen Auftrieb verpasst, und strampelt dann mit annähernd den selben Bewegungen wie beim Joggen durchs tiefe Wasser, mit dem Unterschied, dass man dabei mit max. 3m pro Minute nicht wirklich voran kommt.
Diese Woche waren wir richtig viele, sieben oder acht Leute, deswegen mussten wir alle brav hintereinander durchs Becken strampeln, um den richtigen Schwimmern nicht ins Gehege zu kommen. Durch einen unglücklichen Zufall fand ich mich als Entenmutter an der Spitze der Reihe.
Und jetzt kommt Psycho-Teil I.
Ich strampelte mich also so gut ich konnte ab, um die anderen nicht aufzuhalten, und holte irgendwann fast das hintere Ende der Schlange ein. Bettina, genau wie ich nie außer Atem genug um nicht noch ratschen zu können, meinte: "Na, motivierend, wenn man auf einmal wieder jemanden vor sich hat." Was mich erstaunte, denn so empfand ich das gar nicht. Das, was mich motiviert hatte, mich so zu beeilen, war der Gedanke, dass ich die Leute hinter mir aufhalten und behindern könnte. Deswegen überholte ich die Frau vor mir auch nicht (und wegen des japanischen Schriftzugs, der auf ihrem Rücken eintätowiert war, und den ich unbedingt zu Ende lesen wollte), auch wenn das bedeutete, dass ich mich zurücknehmen musste.
Psycho-Teil II:
Statt dessen schlug ich der Trainerin vor, dass wir ja mal wenden könnten, dann wären die schnelleren wieder vorne. Sie meinte, ich sollte einfach ein bisschen warten. Oder aber es mal ohne Bauchgurt versuchen, weil ich offenbar eine gute Technik hätte. Eigentlich kein Wunder nach über drei Jahren Training. Aber zu viel der Komplimente für mich. Ich meinte, das läge wahrscheinlich nur an meinen großen Füßen.
Psycho-Teil III:
Trotzdem gefiel mir das Lob natürlich immens, und noch bevor mich die Trainerin informierte, dass das eigentlich nur Profi-Sportler machen, hatte ich den Gurt abgelegt. Mit dieser verspäteten Information hätte mir eigentlich klar sein sollen, dass das nix für mich ist, weil Training hin oder her, ich bin einfach nicht sportlich, und schon gar kein Profi. Aber sie hatte ja gesagt, dass ich eine gute Technik hätte und es versuchen könnte. Gleichzusetzen mit musste, also strampelte ich mich eine volle Runde - jetzt doch größtenteils unter Wassser - ohne Gurt durch das Becken. Was wirklich ziemlich anstrengend ist.
Was sagt mir das jetzt über mich? Konkurrenz motiviert nicht. Verantwortung - andere nicht behindern wollen - motiviert immens. Erfolg und dessen Anerkennung motiviert am allermeisten, und läßt mich Dinge versuchen, die eigentlich unsinnig sind. Und gleichzeitig kann ich offenbar kein noch so berechtigtes Lob annehmen. Ich glaub ich bin für die wirkliche Welt einfach nicht geschaffen. Wenn jemand ein Märchenbuch weiß, in dem ich leben könnte, bitte Bescheid sagen.

7 Kommentare:

Britta hat gesagt…

Ich fand Eure Hochzeit so märchenhaft und du passtest so wunderbar dahin, dass ich mir keinen perfekteren Platz für dich vorstellen kann als deine Ehe mit Leo!

Jessica & Dirk hat gesagt…

Oooch... man kann auch ohne Schwimmgurt strampeln... entweder mit einer Poolnudel oder man bringt eh' schon genügend Auftrieb mit (Grins!!!)

Gruß,
Dirk

Anonym hat gesagt…

*g* 1.Konkurrenz muss dich nicht motivieren....weil es dich selbstverständlich einen Scheiss dreck interessiert was andere tun und du dein Ding drehst.
2. Motiviert dich Verantwortung gar nicht, vielmehr tust du dir einfacher beim strampeln, wenn du niemand vor dir hast der dich behindert...weil..was hinter dir ist...interessiert dich ja nicht :-) und
3. Wenn du neues ausprobierst dass du nicht kennst und dass dir nicht bekommt, dann überschätzt du dich nicht sondern dann zeigst du nur die Bereitschaft jederzeit deine Grenzen neu auszutesten um zu wissen in welchem Rahmen du hervorragendes Leisten kannst*G*
*mit den Augenbrauen wackel*
Ich mag alternative sichtweisen *G* *bussis schick*

Anonym hat gesagt…

Was Dich außerdem motiviert sind Dinge auszuprobieren, die an sich unsinnig sind. Ich würde sagen, das braunsche Düsenfieber.

Und zur Traumwelt kann ich die Tintenwelt empfehlen.

naiko hat gesagt…

ich bin wirklich ein tintenwelt-fan, aber zum leben fänd ich's da etwas stressig...

und ich schließe mich der alternativen sichtweise der ente an, die finde ich gut!!!!

Anonym hat gesagt…

Nimm einfach an, dass ein Kompliment nicht jedesmal durchdacht - im Sinne von, ich sage dieser Person etwas konkret nettes, damit sie sich wohl fühlt - ist, sondern meistens die Darstellung eines Fakts ist. Wenn sich also das nächste Mal dein Ego windet und die (nett klingenden) Worte nicht als nett klingende Worte annehmen will, dann stelle einfach fest, dass dein Gegenüber eine Tatsache formuliert hat. ;-)

Birgit hat gesagt…

Hallo Tanja,

also für mich klingt dein Resümee nach der klassischen weiblichen Erziehung, die wir doch eigentlich fast alle genossen haben: niemals ehrgeizig sein, anderen nie im Weg stehen, allen helfen und immer hübsch lieb und bescheiden sein, dann haben einen alle lieb. Wie heißt dieser dusselige Poesiealbumspruch noch gleich: "Sei wie das Veilchen im Moose, bescheiden, sittsam und rein. Und nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein." Das faßt das Problem doch ganz prima zusammen.