07 September 2007

Neueste Musikleidenschaften

Neulich bin ich auf eine wunderbare Methode gestoßen, wie man an coole Musiker kommt, die nicht sowieso den ganzen Tag im Radio rauf und runter laufen: Man kaufe sich einen möglichst skurillen Sampler. Zugegeben, da was passendes zu finden, ist nicht einfach, aber wenn irgendwo Neil Gaiman draufsteht ist das bei mir ein fast ebenso sicherer Kaufzwang wie Tori Amos. (Vor allem wenn da auch noch ein Song von Tori drauf ist, den ich noch nicht kenne.) Also erwarb ich die CD Where's Neil when you need him? und war von fast allem, was da so drauf war, ziemlich begeistert. Paradoxerweise nicht von dem Tori Amos Song Sister Named Desire, der ist mir (!) fast etwas zu anstrengend und verkopft. Dafür musste die Repeat-Funktion am CD-Player erstmal für Azam Alis The Cold Black Key herhalten, dann kam ihre Website mit vielen Liedern zum Reinhören dran, und schließlich mußte die CD her. Auch daran habe ich die Repeat-Funktion getestet und wurde nicht enttäuscht. Nebenher kam immer mal wieder der Sampler dran, und ich verliebte mich neu, diesmal in Thea Gilmores dramatisches Even Gods Do. Deren Website hat leider nur drei Lieder zum Reinhören (und auch sonst nicht viel Info), darunter allerdings das schmerzlich-packende Icarus Wind, nach dem ich momentan süchtig bin. Man beachte den Text, der dem Kenner sofort sagt, dass da ein Depri am Werk ist (ok, ich geb's zu, ich hab's irgendwo gelesen). Interessant trotzdem, wieviele depressive Künstler man allein an ihren Texten erkennen kann. Erstaunlich, wie präzise man in so einem kleinen Popsong ausdrücken kann, worum's bei einer Depression geht. Man lese sich nur mal Feel von Robbie Williams durch. Ist die Form des verkürzten, von Wiederholungen geprägten weniger-als-drei-Minuten-Radiolänge-Gedichtes vielleicht gerade gut geeignet, um die Reduzierung der eigenen Persönlichkeit und den Mangel an Gefühlen angesichts dieses gähnenden Abgrundes in einem selbst zu beschreiben? Wenn ich an Hesse oder Hemingway denke, kann ich davon nichts finden. Aber vielleicht habe ich auch die falschen Bücher von denen gelesen. Vielleicht fällt's in Popsongs nur mehr auf, weil man mehr davon hört.
Und vielleicht fällt's auch nur mir auf, weil ich eben jetzt mehr drauf achte. Umso erschreckender ist es, dass immer wieder neue Nachrichten von prominenten Depressiven auftauchen, wo man's halt so gar nicht gedacht hätte. Ok, Britney Spears war jetzt nicht weiter überraschend, das war ja überfällig (in deren Texten, soweit ich sie kenne, findet sich zwar kein Hinweis, aber ich glaub, die schreibt sie auch nicht selbst, das ist ein Computer). Bei Owen Wilson, den ich wirklich komisch finde, war ich schon mehr geschockt. Wobei ich aus eigener Erfahrung nur zu gut weiß, das Spaß machen mit gut drauf sein nichts zu tun haben muss. Was mich aber wirklich fertig macht, ist Mutter Theresa. Wenn irgendjemand ein bisschen Glück und Erfüllung verdient hat, dann doch wohl diese Frau? Das hat sie aber offenbar nie empfunden, wenn man ihren Tagebüchern glaubt. Ich bin geneigt, das als Beweis anzusehen, dass es keinen Gott gibt. Oder, pessimistischer gesehen, dass es sich nicht lohnt, sich aufzuarbeiten, egal für was? Fazit: Depressionen sind nicht pädagogisch wertvoll, sehr wohl aber künstlerisch. Aus schriftstellerischer Perspektive sollte ich mich jetzt also ärgern, dass es mir besser geht... allein, es will mir nicht gelingen... :)

2 Kommentare:

Anke hat gesagt…

Ahhh.... hab mal in Azam Ali reingehört - sehr schön :-) gerade das Lied, das automatisch auf ihrer HP startet, gefällt mir sehr gut...
da könnte dir auch diese Band gefallen: Die Merlons, z.B. CD "Sinn Licht" (siehe Amazon - tierisch langer link, deswegen lass ich ihn hier raus).

Und: Nein, es lohnt sich NICHT, sie für IRGENDWAS aufzuarbeiten. Selbst für das edelste aller Ziele nicht, denn: wenn du dich aufarbeitest, und dann am Ende bist - dann kannst du den Bedürftigen/... ja auch nimmer helfen, oder?
Also besser ein bisschen auf sich selbst schaun, dann geht es Dir besser und du kannst deine edlen Ziele länger verfolgen und mehr gutes bewirken.
Klar, das ist sicher nicht immer so ein einfaches Szenario.
Aber ich denke, es ist wie beim Massieren: wenn du jemanden massierst, dann tust du ihm was gutes. Dabei musst du aber kucken, dass du das so tust, dass du selbst bequem sitzt/stehst, dass es nicht zu sehr auf die Handgelenke/Finger geht, etc.
Wenn das klappt, kannst du danach noch wen massieren, oder bist nächstes mal eher wieder bereit, jemanden zu massieren, als wenn du danach erstmal ne Erholungspause brauchst.
Also: ja, unbedingt einsetzen für andere, und dafür, daß die Welt ein kleines Stückchen besser wird. Aber dabei nicht sich selbst vergessen.
Auch den anderen zuliebe.

naiko hat gesagt…

besser ist das!

obwohl vermutlich etwas dran ist am künstlichen wert von depressionen, wobei ich dazu neige zu behaupten,dass der künstlicherische wert von der neigung zum nachdenken kommt, und depressive menschen neigen zum nachdenken, und zwar über alles, nicht nur über die langweilig-schönen hochglanzseiten des lebens. und das ist es dann vielleicht.

ich habe aber auch schon gute sachen von menschen gelesen und gehört, die einfach nur nachdenklich und nicht depressiv waren (glaub ich wenigstens),also bleibt zu hoffen, dass deine kreativität unter der besserung im gesundheitlichen bereich nicht leiden wird!

das von owen wilson hat mich übrigns auch ziemlich überrascht und erschreckt. da sieht man wirklich, wie wenig man sieht!

bei mutter theresa ging es mir anders. ich weiß auch nicht warum. ich habe das von ihren glaubenszweifeln und der andauernden abwesenheit von gottes gegenwart in ihrem leben auch gelesen. mir hat das sehr leid getan. aber ich habe darauf hin umso mehr bewundert, wie diese frau die kraft aufbringen konnte, ihr leben so zu leben, wie sie es getan hat. sie muss von dem, was sie tat, ja unglaublich überzeugt gewesen sein. und das wiederum finde ich beneidenswert.

und wenn es einen gott geben sollte, dann steckt er letztlich in solchen menschen, ob die es nun merken oder nicht. denke ich.

ich persönlich neige eher dazu zu glaube, dass solche menschen eine unbeschreibliche alte, starke seele haben. aber sei's drum. ich finde es bewundernswert.

liebe grüße
deine n.