08 Mai 2007

Tanja allein zuhaus

Nein, meine Eltern haben mich nicht hier vergessen - sind nur grad beide auf unterschiedlichen Konferenzen unterwegs. Das heißt ich habe sturmfreie Bude in Garching. Und einen Tag lang tatsächlich nichts zu tun, keine Verabredungen, keine Termine... Was zwangsläufig bedeutet, dass ich auf blöde Ideen komme. Zum Beispiel von dem Käsekuchen zu probieren, den meine Mutter gebacken hat. Diät-technisch gesehen ein ganz falscher Fehler. Aber wenn man schon mal angefangen hat, dann kann man ja auch gleich richtig weitermachen. Also durchstöbere ich todesverachtend den Kühlschrank und beschließe, mir aus den gemischten Resten, die dort zu finden sind, eine Portion Nudelsalat zu machen, die mich für die nächsten fünf Tage ernähren kann. Ähm. Könnte. Wenn ich nicht schon so viel davon gegessen hätte...
Und was macht man besonders gerne, wenn man alleine essen muss? Genau: Fernsehen. München hat schon seit längerer Zeit auf Digitalfernsehen umgestellt, weswegen sich meine TV-muffeligen Eltern einen Decoder kaufen mussten, um die Nachrichten noch empfangen zu können. Zusätzlich zur ARD bekommen sie jetzt aber ca. 512 weitere Programme. Darunter so sinnige Sachen wie Bahn TV oder Klingelton TV. Ich versuche mich durchzuzappen, gebe aber bei Kanal 89 auf. Ich habe sowieso besseres vor. Für div. zukünftige Rollenspiele brauche ich dringend Kleidung und Accessoires. Der beste Ort, um sowas zu finden, ist der heimische Keller. Ich wage mich in die unergründlichen Tiefen dieser mystischen Katakomben, die ein Eigenleben haben, sich ständig verändern, Dinge vor einem verstecken und einen plötzlich, unerwartet mit Erinnerungen an vergangene Faschingspartys, Skiausflüge oder die unerträgliche Schuhmode der 80er konfrontieren. Und ich werde fündig ohne Ende. Ein zartgelbes Spitzennachthemd (vielleicht auch ein Sommerkleid?), ein sackförmiges Mini aus ausgefranstem Glitzer-Silber-Stoff, ein langer, schwarzer, zerfetzter Rock, der meinem nächsten Zombie sehr gut stehen wird, eine taillierte Pelzjacke aus echtem Wasauchimmer, die ich mal in der Altkleidersammlung gefunden habe. Aber auch das Puppentheater, dass mein Opa mal für uns gebaut hat, meine Playmobil-Raumstation (wie eine umgedrehte Schildkröte hilflos auf dem Rücken liegend), diverse kopflose Barbiepuppen in Hippiekleidern, die meine Tante selbst genäht hat, und sogar meinen alten Schulranzen. Ebay hat neulich in einer Werbemail behauptet, dass in jedem Haushalt durchschnittlich 538 EUR an Warenwert rumliegen, die ohne weiteres versteigert werden könnten, weil sie keiner nutzt. Ich wage zu behaupten, dass meine Eltern mit ihrem Keller einiges mehr verdienen könnten. Aber da regt sich in mir leiser Protest, die Evolution schlägt zu, die Gene meiner Mutter fühlen ihre Stunde gekommen, und wecken eine Stimme in meinem Hinterkopf, die murmelt: Ach, eigentlich ist das ja noch ganz gut, das könnte man doch nochmal verwenden. Und hier, wie süß, das müssen wir auf jeden Fall aufheben, und guck mal da....

5 Kommentare:

Aaron Friedemann hat gesagt…

Eine Playmobil-Raumstation, die auf dem Rücken liegend zwangsläufig an ein gepanzters Reptil erinnert, das in anderen Zeiten einige Prominenz durch eine Suppe erlangt hat? Das Modell kenne ich!!

Hach, good times, good times... :)

Anonym hat gesagt…

Diese spontan mäandernden Ideenflut kenne ich. Ich sach nur Sepia-Sushi. (Mail kommt) Kurz vor Kabale 4 und anläßlich *der* Hochzeit habe ich panikartig ALLE meine Klamottenverstecke und Asseccoire-Kistchen durchstöbert und wenigstens ein bißchen was brauchbares zu finden. Es sah aus als ob alle Klamotten die ich je besessen hätte miteinander durch die Wohnung tanzten. Gefunden habe ich nix, deshalb bastel ich nun und stöber eBay durch. Yay me.

Hendrik hat gesagt…

Und ich dachte, die Playmobil-Raumstation gehörte mir. Muss wohl aus der Zeit sein bevor mir das Konzept von Besitz anerzogen wurde...

Leo und Tanja hat gesagt…

Hi Bruderherz,
hm, das war Deine? Dann war das mit dem Besitz-Konzept wohl wirklich nicht Bestandteil unserer Erziehung. Oder aber ich habe Dir mein eigenes Konzept eingeprüg... äh -getrichtert... Gehört Dir vielleicht auch das gelbe Spitzenkleid? Dann nehm ich's nicht mit. ;)

Anke hat gesagt…

Meine Eltern sind genauso. Ich hab schon mit 15 versucht, mein Playmobil rauszuschmeissen, aber hat meine Mutter mich gelassen?!

Immerhin hat meine Schwester nie behauptet, mein Playmobil gehoere ihr. Sie hatte ihre eigenen Entmistungs-politik: alles, was sie nicht mehr wollte, hat sie in meine Haelfte des Zimmers geschmissen...