21 November 2008

Be careful what you teach...

Gestern beim Psychiater. Ja, ich geh da noch ab und zu hin, nur um zu gucken, ob's mir auch gut geht. Während ich bei ihm drin sitze (Couch ist out, sowas gibt's da nicht), kommt zweimal die Sprechstundenhilfe rein, weil er irgendwelche Unterschriften vergessen hat.
Beim zweiten Mal verspürt er offenbar das Bedürfnis, sich zu entschuldigen: "Tut mir leid. Aber Sie sind ja stabil und gefasst, das stört Sie ja nicht, oder?"
Ich will schon lächeln und nicken, natürlich stört mich das überhaupt nicht, und er ist ja auch nur ein Mensch... Dann setzt plötzlich die Wirkung monatelanger Gehirnwäsche (zu Deutsch Psychotherapie) ein. Ich gucke ihn kritisch an: "Also, nach allem, was ich in meinen vielen Therapien gelernt habe, muss ich eigentlich sagen, dass mir das nicht recht ist. Ich möchte hier den Raum und die Aufmerksamkeit einnehmen, die mir zustehen, und verbitte mir weitere Unterbrechungen."
Er guckt mich entsetzt an. He, ich hab nur gesagt, was mir seine Kollegen immer wieder eingetrichtert haben! Ist das also nicht mal so wirklichkeitstauglich, dass es in den vier Wänden seines Sprechzimmers funktioniert, wo solches psychobabble herkommt?
Dummerweise kann ich mir schon lange das Grinsen nicht mehr verkneifen. Er lacht mit, aber eine kleine Spur Verunsicherung bleibt. Und ich komme mir schäbig vor. Als hätte ich die Waffe gegen meinen eigenen Lehrmeister erhoben... Aber spaßig war's doch! :)

14 November 2008

Ich mach gleich in die Hose...

Donnerstag Nachmittag, 14:15. Höchste Zeit zum Aufbrechen! Ich brauche zwar höchstens eine halbe Stunde, aber trotzdem, besser früh loskommen. Hab ich alles? Rucksack mit Klamotten zum Wechseln, feuchten Tüchern, Windeln. Plätzchenteig ist vorbereitet im Kühlschrank. Kindersitz ist schon eingebaut. Puh, ist das aufregend? Wollte ich nicht noch irgendwas? Egal, muss los.
Ich komme 15 Min. zu früh an. Vor dem Haus steht ein Polizeiauto, ein Uniformierter spricht gerade mit der Erzieherin. Es wird doch nichts passiert sein?! Im Geiste gehe ich alle Schrecklichkeiten durch, die einen Polizeieinsatz in einer Kita erfordern könnten. Leo wird mich später darauf aufmerksam machen, dass auch Polizisten möglicherweise ihre Kinder direkt von der Arbeit kommend abholen, noch bevor sie Outfit und Wagen wechseln.
Alle Sorgen sind vergessen, als ich im Gewusel Yolanda entdecke, die mir stolz ihren horizontalen Bauklötzchenturm präsentiert, während ihre Freundin (?) Selma sie eifrig darauf aufmerksam macht, dass sie jetzt heimgehen müsse. Yolanda guckt kurz kritisch, dann fällt ihr unser Gespräch von gestern ein: "Zu den Tatzen!"
Sehr praktisch, sie wird also keinen Widerstand leisten. Die nächste Sorge erledigt. Eine kurze Nasenprobe bestätigt mir auch, dass ich mich mit dem größten aller Sorgenthemen, Windelnwechseln, erstmal noch nicht beschäftigen brauche. Meine Entspannung scheint auf die Kleine abzufärben, kaum sitzt sie im Auto:
Ich schreibe schon jede Hoffnung auf Plätzchenbacken ab, aber das tut meiner Stimmung keinen Abbruch. Auf dem Weg zum Auto kamen wir an zwei Obdachlosen vorbei, die uns ob so viel scheinbarer Mutter-Kind-Harmonie gleich fröhliche Feiertage gewünscht haben. Wenn mich zwei so offensichtlich im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte befindliche Leute für die Mutter halten, und nicht für die hilflos-hysterische Tante, die keine Ahnung von Kleinkindern hat, dann wird sicher alles gut.
Kaum sind wir angekommen, ist Yolanda wieder hellwach, und wir machen uns ans Backen. Es empfiehlt sich folgende Versuchsanordnung auf der Arbeitsplatte: Links ausgerollter Teig, Mitte Kind, rechts zu belegendes Backblech, überall verstreut Mehl und Förmchen. Mit gelegentlichen Verwechslungen im Arbeitsablauf Ausstechen - Teig außenrum abmachen - Plätzchen auf Blech legen inklusive einigem Teigschwund zugunsten des Magens des Kindes muss gerechnet werden. Stolz und mehlig verlassen wir nach zwei fertigen Blechen die Küche auf der Suche nach den Katzen, die Yolanda schließlich unterm Bett entdeckt. Das Kind zeigt seelische Größe und krabbelt nicht hinterher, obwohl sie im Gegensatz zu mir durchaus klein genug dazu wäre. Statt dessen beschließen wir, nachdem wir Yolanda zusammen erfolgreich trocken gelegt haben, die Wohnung mittels Zimmerbrunnen unter Wasser zu setzen. Hier muss Yolanda dann doch mal ein Machtwort sprechen: Was interessiert es, ob die Möbel Flecken kriegen, wenn das Wasser so schön blubbert. Nur durch einen raffinierten Schachzug - das Ausschalten der Pumpe - bringe ich sie schließlich dazu, das Interesse zu verlieren. Oder so zu tun, um zu überspielen, dass sie beleidigt ist.
Den Rest des Nachmittags verbringen wir damit, in meditativer Harmonie Legosteine von einem Behälter in den anderen und wieder zurück zu sortieren. Als der Papa sie schließlich abholen kommt, darf ich sogar auf dem Weg zum Auto noch ihre Hand halten.
Alles ist gut gegangen. Das Kind scheint müde aber zufrieden, es gab keine Tränchen und keine Windel- und andere Unfälle, und dank der Legosteine und der Katzen scheint sie sogar wiederkommen zu wollen. Ich bin nicht völlig unfähgi als Babysitter. Genau betrachtet hab ich meine Sache sogar recht gut gemacht. Hey, ich war richtig locker.
Hm, es kommt mir so vor als hätte ich irgendwas vergessen. Richtig: Als ich vor Stunden aus dem Haus ging, musste ich eigentlich dringend auf die Toilette, hab das aber seither glatt vergessen. Gleich mal gucken, ob meine Windel trocken geblieben ist...

04 November 2008

Intelligent Design Albtraum

Manchmal kaufe ich bei meinem Lieblingsgemüseladen seltsame Dinge, nur weil ich sie noch nie vorher gekauft, zubereitet oder gar gegessen habe. Neulich z.B. Schwarzwurzeln. Die habe ich noch nie anderswo als in Kantinen gegessen. Nicht im Restaurant, und schon gar nicht privat. Warum auch immer, eigentlich schmecken die ja nicht schlecht und haben, wenn eingelegt, sogar . Vielleicht sind sie leicht zu verarbeiten, dachte ich mir. Mitnichten! Nach dem Schälen muss man das Zeugs sofort in eine Mehlbrühe einlegen, damit sie nicht, ähm, schwarz werden, und dann stundenlang kochen. Und 'nach dem Schälen' hat man schon das schlimmste hinter sich. Der Saft, der dabei aus den Wurzeln austritt, ist dermaßen klebrig, dass er auch mit der, ähm, Wurzelbürste nicht von der Haut abgeht. Ich musste schließlich einen großen Teil meines teuren Gesichtspeelings opfern, um meine Hände wieder sauber zu kriegen. (Ja, ja, ich komm jetzt gleich zum Punkt.)
Jedenfalls erinnerte mich dieses Mühsam-Gemüse sehr an Douglas Adams' Gedanken zur Kokosnuss. Beide Nahrungsmittel, ernährungstechnisch wünschenswert, aber sehr unpraktisch, sind eigentlich, so dachte ich mir flüchtig, ein Gegenbeweis dafür, dass unsere Erde von einem intelligenten Designer nur für uns gemacht wurde.
Aber halt! Wer sagt denn, dass der Designer so wahnsinnig intelligent sein muss? Dumm sicher nicht, aber vielleicht einfach nicht gut genug, um seine Produkte in Handhabung und Verpackung 100% kundengerecht zu gestalten? Wahrscheinlich ist es reines Glück, dass sich nicht die Banane durchgesetzt und die Schwarzwurzel verdrängt hat. Hm. Oder gutes Marketing? Vielleicht hatte die Schwarzwurzel ursprünglich die besseren Vertriebswege, oder sie war mal billiger, deswegen existiert noch eine gewisse Rest-Marktdurchdringung...
Moment mal. Warum gibt es überhaupt einen Konkurrenzkampf zwischen diesen Produkten, wenn sie vom selben Hersteller... OMG! Sie sind nicht vom selben Hersteller! Es gibt mehrere intelligente Designer! Die um uns konkurrieren. Uns ihr Design als das Beste verkaufen wollen. Uns am Ende noch mit Werbung manipulieren.
Wir sind gar kein Universum. Keine Welt, keine wunderbare Schöpfung. Wir sind ein Markt! Aaaaaaaaah!