27 April 2010

Identität

Neulich waren wir auf der Hochzeit von Freunden aus unserer Hamburger Zeit. Natürlich wurden da viele Erinnerungen wachgerufen, und zwar, da die Hochzeit nix mit Arbeit zu tun hatte, durchwegs positive. Dann irgendwann spät abends kam der Hochzeitswalzer, und ich kippte schier aus den Schuhen, als ich hörte, was für ein Lied sich die beiden ausgesucht hatten. Es stammte aus dem Soundtrack zu einem Film, und ich hatte damals, als ich den im Kino gesehen hatte, schon was dazu gepostet. Denn die Hauptcharaktere und deren gerade entstehende Beziehung, die in diesem Lied sehr schön herauskommt, erinnerten mich doch sehr an Leo und mich.
Jetzt fühlte ich mich nicht nur zu lieben Freunden zurückversetzt, sondern auch in eine Zeit, in der Leos Arbeit einen riesigen Teil unseres Lebens einnahm. Zu viel davon, definitiv. Aber erst, als ich dieses Lied wieder hörte, ist mir klar geworden, wie sehr ich andere Aspekte dieser Zeit auch genossen habe. Und wieviel von unserer Identität sie ausgemacht hat. Unserer Identität als Paar: der Mann, der ständig mit scharfen Messern Leute aufschneidet, und die Frau, die nicht nur aus Liebe zu ihm mitmacht, sondern auch noch selber kreativ und aktiv mitarbeitet.
Irgendwie hat mir das eine gewisse Aussöhnung mit der Vergangenheit gebracht.
Deswegen finde ich, hat das Brautpaar einen Extra-Toast verdient: Here's to you, Zora und Ben!
Und here's to us:

12 April 2010

Worte

Worte sind so viel mehr als nur Buchstabenkombinationen, mit denen wir, reichlich inadäquat, unsere Gedanken auszudrücken versuchen.
Worte, wie jede Form von Kunst, können dem, was in uns ist, Wirklichkeit verleihen. Unser Innerstes nach außen holen und nicht nur sichtbar machen, sondern greifbar, real, tatsächlich. Wortsächlich. Mit Worten, fließend wie Blut aus einer frischen Wunde oder Laut für Laut mühsam hervorgewürgt, können wir uns einen Boden unter den Füßen bauen, ein Gerüst um uns herum, das uns stützt, Sprosse um Sprosse der Leiter, auf der wir daran nach oben klettern können. Worte, einmal ausgespuckt, lassen uns das, was von ihnen in uns bleibt, das Bittere wie das Süße, besser schmecken, besser verstehen, besser verdauen, und machen uns zu etwas Ganzem, Solidem.
Und dann kann es sein, dass ein Satz, ein einziger Satz daherkommt, der uns alle Worte nimmt, der voller Wucht oder nonchalant von der Seite gegen das Gerüst stößt und es zum Einsturz bringt und nichts als sinnlos verstreute Buchstaben davon übrig lässt.
Und man kann eine Zeitlang nur schweigend, wortlos daliegen und nach Luft ringen, bevor ein paar insubstanzielle kleine Silben zu einem zurück kriechen, sich an einen schmiegen wie verletzte Freunde, und sich schließlich erneut aussprechen, sich neue Substanz verleihen lassen und wi(e)der Worte bilden, mit denen man von vorne zu bauen beginnt, voller Ehrfurcht vor so viel Zerbrechlichkeit und voller wild entschlossenem Vertrauen auf solch unbegrenzte Macht...

07 April 2010

Rabenmutter

... die ich bin, habe ich gestern zum ersten Mal wieder gearbeitet.
Nun ist das ja für mich einfacher als für andere. Denn nicht nur kann ich von Daheim aus arbeiten, ich habe außerdem eine äußerst babysittingwillige Mutter, der ich den Kleinen jederzeit bringen kann. Natürlich hab ich's - will ja immer alles alleine können - zuerst mal mit Lenny hier oben versucht. Er hat sich auch zusammengerissen und ganz tapfer eine Stunde lang neben meinem Schreibtisch in der Wiege geschlafen. Dann wurd's ihm aber doch zu langweilig und er ist lieber mit Oma spazierengegangen. Dumm nur, dass sich mein Computer ausgerechnet jetzt entschlossen hat, kapriziös zu werden, und ich mehr mit Abstürzen beschäftigt war als mit produktiver Arbeit.
Ganz zum Schluss haben wir dann noch ein bisschen gemeinsam gearbeitet, was ihn offensichtlich sehr erschöpft hat:

Insgesamt ist das ganze aber doch schwieriger, als ich's mir vorgestellt hatte. Und so interessant es war, sich mal wieder ein bisschen geistig zu betätigen, so unaufregend war's auch gleichzeitig - viel weniger befriedigend, als ich dachte. Ich glaub, ich hol mir jetzt mein Kind von der Oma wieder und spiele ganz schnell wieder ein bisschen Mutter. ;)