26 Mai 2007

Phantomfeuer

"Ein Nachbar, der durch den Rauchgeruch geweckt wurde, alarmierte die Feuerwehr." Diesen Satz fand ich schon immer total unrealistisch. Ich war mir sicher, wenn's brennt, verbrenne ich friedlich schlafend in meinem Bett, weil sowas wie ein Geruch mich niemals aufwecken könnte. Die Nachbarn unter uns belehren mich schon länger eines besseren, durch deren Zigarettenrauch werde ich regelmäßig wach, aber meistens rauchen die auch erst so gegen halb sieben, wo man eh schon halb wach ist.
Aber heute morgen war es anders. Erstens die Uhrzeit: 5:21. Und dann der Geruch: als würde jemand ein Streichholz nach dem anderen direkt unter meiner Nase anzünden.
Also krieche ich aus dem Bett und stecke meine Nase aus dem Fenster. Überall hängt Nebel - oder ist es Rauch? Schwer zu sagen, selbst nachdem ich meine Brille gefunden habe. Aber der Geruch bleibt. Sogar Leo, den ich durch mein Gewusel geweckt habe, riecht was, und der hat berufsbedingt eine eher schlechte Nase. Er hat die schlaue Idee, im Hausflur nachzusehen. Da riecht's nicht. Aber auch vor dem Wohnzimmerfenster, das zur Straße hingeht, stinkt's nach Feuer.
Tja. Jetzt sind wir wach. Was tun? Feuerwehr anrufen? Ich schalte das Radio ein, aber da läuft um die Zeit nur Musik vom Band. Das Internet gibt auch nicht viel her, in Moskau brennt zwar der Fernsehturm, aber nach einigem Überlegen schließen wir das als Ursache des Geruchs hier aus.
Aber man kann ja mal nachschauen gehen. Oder vielmehr nachriechen. Wir ziehen uns spontan an und gehen nach draußen. Der Geruch ist intensiv, aber nicht zu lokalisieren. Wir laufen ein paar Schritte, da biegt am anderen Ende ein Feuerwehrwagen in unsere Straße ein. Langsam, leise, ohne Sirene. Er fährt an uns vorbei. Der Feuerwehrmann auf dem Beifahrersitz guckt abwechselnd in einen Stadtplan und suchend in die Fenster der Häuser. Eine Balkontür öffnet sich, dann noch eine. Diverse Nachbarn betreten ihre Balkone, alle schweigend, mit besorgtem Blick und gerümpfter Nase. Also nicht nur Einbildung. Na gut, immerhin scheint es nicht unser Haus zu sein, sonst würde die Feuerwehr ja davor halten.
Die Feuerwehr, mittlerweile sind es zwei Wagen, hält an. Vor unserem Haus. Wir gucken uns an, drehen uns spontan um und gehen zurück. Als wir beim Haus ankommen, sind die Wagen schon weg, offenbar haben sie kein Feuer entdeckt. Sollen wir uns jetzt besser fühlen?
Vorsichtshalber schauen wir noch nach unserem Auto, das wir gestern auf einem eher illegalen Platz geparkt haben, aber auch da brennt's nicht.
Wir laufen noch eine Weile durchs Viertel, immer wieder durch Schwaden von Rauchgeruch, aber nirgends ist etwas zu sehen. Es ist gespenstisch ruhig, kein anderer Mensch ist auf der Straße, keine Autos, nirgends brennt Licht. Nur in der Kottwitzstraße steht noch eine Frau auf dem Balkon und zündet sich eine Zigarette an.
Wir kommen an unserem Bäcker vorbei. Der macht laut Türschild erst um 7 Uhr auf, aber drinnen sind schon zwei Angestellte und viele viele Semmeln. Sorry, Brötchen. Ich klopfe an die Tür und setze meinen charmantesten Blick auf (ok, um kurz nach 6 Uhr morgens mit ungekämmten, verwaschen grünen Haaren ist das vielleicht nicht besonders überzeugend), und werde mit einem Kopfschütteln abgewiesen. Dafür hat der Bäcker eine Ecke weiter schon offen (laut Türschild erst ab 9h), und verkauft uns Frühstück. Das wir stolz nach Hause tragen, nur um da ins Bett zu fallen und noch ein paar Stunden tief und fest zu schlafen. Und wenn das Haus abbrennt.

3 Kommentare:

MiB hat gesagt…

Mh, hoffentlich hat nicht eine Katze erwischt, die beim Sonnen unter der Schreibtischlampe anbruzelte.

Aber Spaß beiseite, wenn die Katzen ruhig waren, kann es nicht unter euren Füßen warm sein.

Britta hat gesagt…

Es gibt doch immer wieder Gründe für einen schön spannenden Spaziergang... :D

Anonym hat gesagt…

Also, ICH wuerd meine Baeckerei sofort aufmachen, wenn morgens in der Daemmerung ein gruenhaariger Troll an meine Tuer klopft!!