27 Juni 2013

Glaubenskrise

Liebe Retortia, Göttin der Schlagfertigkeit. Wie konntest du mich nur so hängen lassen?
Gerade, als ich begann, zu glauben, wir zwei könnten doch noch irgendwann eine funktionierende Anhänger-höheres-Wesen-Beziehung entwickeln?
Denn neulich warst du wirklich mal zur rechten Zeit am rechten Ort bei mir. Neulich, als meine Nachbarin (knapp 70 und Ex-Biolehrerin am Gymnasium!) sich zu der Aussage verstieg, sie sei gegen das Adoptionsrecht für Homosexuelle, weil "kleine Kinder ja alles nachmachen, was die Eltern so tun".
Da standest du neben mir und hast blitzschnell geflüstert: 'Lass dich gar nicht erst auf technische Diskussionen ein. Keine Statistik jetzt, keine Verhaltensbiologie oder -psychologie. Komm einfach zum Punkt.' Und gabst mir die Worte ein: "Na und? Dann werden sie halt schwul. Ist doch nicht schlimm."
Ich war bereit, an dich und deinen Beistand zu glauben.
Aber wo warst du, als ich dich vor einigen Tagen wirklich gebraucht hätte? Als dieser Depp auf dem Spielplatz meinte, mein kleines, noch keine zwei Jahre altes Mädchen in die Schranken dieser so störrisch sexistisch bleibenden Welt verweisen zu müssen.
Du hast bestimmt von Ferne beobachtet, wie ich mit Matilda auf den großen Traktor zuging, auf dem bereits zwei kleine Jungs saßen. Der Vater stand dahinter. Auf dem Traktor war genug Platz, also fragte ich Matilda, ob sie auch rauf will. Woraufhin dieser Idiot doch tatsächlich meinte: "Ach, das ist doch nichts für Mädchen."
Immerhin schaffte ich, ganz ohne Deine Hilfe, ein "Was soll den dieser Schwachsinn?", während ich meine Tochter auf den Traktor hob. Und ja, ich verspüre eine gewisse Befriedigung, dass in diesem Moment offenbar ein niederer Dämon des zusammenhanglosen Unsinns Besitz von ihm ergriff und du es wenigstens nicht verhindert hast, denn er sagte, etwas schuldbewusst: "Ich kenn nur Bauer sucht Frau, nicht Bäuerin sucht Mann."
Ok, das braucht man eigentlich nicht weiter kommentieren. Wer nichts anderes kennt, ist arm genug dran. Aber ich tendiere zu der Vermutung, 'Ich lasse diese Aussage jetzt einfach so für sich stehen' für Fans derartiger Sendungen etwas zu subtil gewesen wäre.
Wo warst du also? Und viel schlimmer, warum kommst du jetzt, Tage später, mit der richtigen Erwiderung - "Na, bei dem Vater werden Ihre Söhne diese Sendung auch bitter nötig haben, wenn sie mal eine Frau finden wollen." -  zu mir?
Das lässt nur zwei Rückschlüsse zu:
1. Es gibt dich gar nicht und ich kehre zu meinem gewohnten Zustand als fröhlich-atheistischer Agnostiker zurück. Und versuche ganz alleine, schlagfertig zu sein, wann immer es geht.
2. Es gibt dich, aber du ist gar nicht die Göttin der Schlagfertigkeit, sondern Malevolentia, die Göttin der Schadenfreude. Und hast grade immensen Spaß, weil ich auch noch alle an meinem Moment scheinbarer Gottverlassenheit teilhaben lasse. Dann schlage ich dir einen Deal vor: Du kommst in Zukunft einfach mit Deiner Schwester Retortia zusammen, und ihr erfreut euch einfach am Elend desjenigen, den ich dank eurer gesammelten Unterstützung zur Schnecke mache.
Ich verspreche auch, dass es nur die trifft, die's verdient haben. Nur für den Fall, dass Iustitia hier auch mitliest...

24 Juni 2013

Rätsel des Alltags

Sicher kennt ihr alle das Rätsel mit dem Mann, der einen Wolf, eine Ziege und einen Kohlkopf mit einem Boot über den Fluss bringen will. (Falls nicht, hier klicken.) Solltet ihr dieses Szenario für etwas zu weit hergeholt halten (ist es tatsächlich so schwierig, den Kohlkopf unter den Arm zu klemmen...?), kann ich euch versichern, dass derartige Situationen im wirklichen Leben ständig vorkommen. Wenn ihr also für ein Rollenspiel, den Roman, den ihr grade schreibt oder zur Unterhaltung eurer Mitfahrer auf einer langen Autofahrt ein realistisches Rätsel brauchen, nehmt doch einfach folgendes:
Eine Mutter ist mit ihrem Kleinkind einkaufen. Sie muss neben dem Kind auch eine Einkaufstüte sowie zwei Tüten Katzenstreu über den Parkplatz zum Auto transportieren. Auf halbem Weg rutscht ihr der Eierkarton aus der Tüte, ein Ei zerbricht und läuft aus. Die Mutter hat jetzt folgende Optionen:
1. Kind und Tüten zum Auto bringen, die Eier mitten auf dem Parkplatz stehen lassen und riskieren, dass ein Auto drüberfährt.
2. Eier und Kind zum Auto bringen, Tüten stehenlassen, selbes Risiko für die Tüten.
3. Eierkarton erstmal provisorisch saubermachen und wieder in die Tüte stecken, dabei riskieren, dass das nicht festgehaltene Kind über den Parkplatz wuselt und ein Auto drüberfährt.
4. Eier und Tüten zuerst zum Auto bringen, Kind stehenlassen, selbes Risiko.
5. Hemmungslos und kinderuntauglich fluchen, die Eier per Weitwurf zum Auto befördern, Rest dorthin tragen und mies gelaunt nach Hause fahren.

Wer a) errät, was ich gemacht habe, b) schöne kindertaugliche hemmungslose Flüche weiß und c) eine sinnvolle Lösung für das Rätsel findet, bekommt von mir eine Portion Rührei.