24 September 2008

Traumhaft

Irgendwas ist anders. So ganz genau definieren kann ich's nicht, aber ich fühle mich irgendwie... na, anders eben. In den letzten drei Nächten habe ich wieder extrem intensiv geträumt, so wie zu besten Alles-Egal-Pillen-Zeiten. Sprich, die Träume sind meist zu skurril um sie auch nur ansatzweise zu beschreiben (auch wenn ich schon überlegt habe, einen eigenen Blog dafür einzurichten, z.B. um euch zu berichten, dass ein Frosch in meiner Kaffeemaschine wohnt), sehr lebhaft, irgendwie seltsam, aber keine Albträume. Und sie scheinen oft eine (Unter-!)bewusstseinsveränderung anzuzeigen.
Beispiel: In einem Traum, den ich immer mal wieder habe, und der mir vermutlich sagen will, dass ich grade überfordert bin, muss ich in einem Theaterstück auftreten, finde aber kein Kostüm, verheddere mich hoffnungslos darin, oder muss alle anderen Schauspieler ausstatten und komme selbst nicht dazu, mich umzuziehen. Erst auf der Bühne, vorzugsweise wenn mein Einsatz kommt, stelle ich fest, dass ich meinen Text nicht ein einziges Mal durchgelesen habe. Geschweige denn auswendig kann. Da endet der Traum meistens. Heute Nacht war es wieder so weit. Immerhin bemerkte ich, dass sich alle um mich herum auf das Stück vorbereiteten; ich musste aber noch auf eine Klausur lernen und hatte deswegen keine Zeit. Aber anstatt hilflos zuzusehen, wie die unausweichliche Blamage auf der Bühne auf mich zukam, ging ich einfach zum Regisseur, um ihn zu bitten, mir meine Rolle kurz zu beschreiben, damit ich einfach einen Text improvisieren könnte. (Erste große Veränderung: Ich nehme mein Schicksal aktiv in die Hand. Was nicht ganz abwegig war, weil der Traum früher vor der Aufführung einsetzte als sonst.) Und was sagt mir der Mann? "Mach dir keine Sorgen, du spielst ja gar nicht mit." Wow. Zweite, riesige Veränderung: Mein Unterbewusstsein gibt mir eine Auszeit von unnötigen Ich-hab-was-vergessen-ich-könnte-versagen-ich-bin-rettungslos-chaotisch-was-sollen-dieLeute-von-mir-denken-Sorgen. Von unsinnigem Ich-muss-alles-können-was-man-von-mir-erwartet-Denken. Ich bin aufgewacht und war sprachlos. Was diesem Blogeintrag widerspricht, der wird schon wieder furchtbar lang, also mach ich lieber hier Schluss und schreibe später noch ein paar weitere wirre Gedanken in einen neuen Eintrag. Jedenfalls: So kann das nachts weitergehen. Dafür nehme ich sogar in Kauf, dass der Kaffee manchmal ein bisschen nach Frosch schmeckt. :)

19 September 2008

Scheiße ist ein Adjektiv

Und darf als solches klein geschrieben werden. Natürlich gibt es auch das zugehörige Hauptwort und ein entsprechendes Verb. Noch gibt's keine Deklination für das Adjektiv, aber analog zur aufen Tür und zum groß genugen Hemd kommt das sicher auch bald.
Solche und andere sprachliche Feinheiten lernt man ganz nebenbei beim Arbeiten. Wenn man z.B. Untertitel für eine Serie über ein paar aus Papierschnipseln bestehende kleine Jungs aus einer völlig normalen amerikanischen Kleinstadt mit übermäßigem Hang zum Fluchen korrekturlesen darf.
Netterweise liefert mein Auftraggeber die englischen Originaluntertitel mit hilfreichen Kommentaren versehen ("fag = pejorative for homosexual" oder "dude = slang term of address for a male" (in der dt. Version: "Alter"), oder auch mal "Louis XIV furniture = furniture made by Louis XIV"). Diese sog. blue notes (Ob das Absicht ist?) werden auch als Kommentare für die Qualitätskontrolle verwendet. Im Original werden sämtliche Eigennamen sorgfältig auf richtige Schreibweise überprüft, entweder anhand irgendwelcher Continuity-Bibeln der Filmfirma (bei Namen von Charakteren), oder anhand von Lexika/Atlanten/Internetseiten. Schließlich muss man sicherstellen, dass auch seltene Namen oder unbekannte Orte richtig geschrieben sind. Deswegen findet man hier auch so Kommentare wie "Jesus OK", "New Orleans OK" oder "Al-Qaeda OK", samt passender Quellenangabe. Und wenn man dann noch nicht vor Lachen zusammengebrochen ist, tut man es bestimmt bei "Earth OK" (Quelle dafür ist ein kryptisches "BS" - Vorschläge, was die Abkürzung bedeuten könnte, sind willkommen!).
Und nicht zuletzt gibt's nützliche Kommentare, wie das jeweils Gesagte gemeint sein könnte, meist in der Form: 'Note Humor'.
Danke für den Hinweis - ist angekommen! :)
P.S. Wie immer bitte den Namen der Serie nicht erwähnen, auch wenn ihr's erkannt habt!

15 September 2008

Dinge, die man niemals braucht

Der Mensch an sich ist ja manchmal sparsam. Vor allem, wenn's um seine Gehirnkapazität geht. Deswegen filtert er die Informationen, die er so tagtäglich bekommt, und merkt sich theoretisch nur die wichtigen. Das trifft auf mich nicht uneingeschränkt zu. Ich kann immer noch die meisten 80er-Jahre-Popsongs auswendig mitsingen, sogar die, die ich nicht besonders mochte. Dafür kriege ich keine einzige binomische Formel mehr zusammen. Und vergesse auf dem Weg aus dem Wohnzimmer in die Küche, was ich mir dort eigentlich holen wollte.
Trotzdem versuche ich, wann immer es mir möglich ist, Informationen in wichtig und unwichtig einzuteilen, und die unwichtigen ganz schnell wieder zu vergessen. So zum Beispiel bestimmte Vokabeln der japanischen Höflichkeitssprache (ein sehr komplexes Ding mit eigener Grammatik und seeeh kontextabhängig). Nämlich die, von denen mir gesagt wurde, dass ich sie nur brauchen würde, wenn ich mal mit dem Kaiser oder ähnlich hochgestellten Personen reden würde. Da meinte mein Gehirn, das passiert eh nie, also gar nicht erst speichern.
Tja, und dann war auf der Eröffnungsveranstaltung eine kaiserliche Prinzessin anwesend, schlenderte durch den Saal und machte liebenswürdige Konversation mit den ausländischen Gästen. Was tut man da? Englisch reden? Einfach die Klappe halten? Möglichst diskret den Empfang verlassen? Sanft genötigt von Leos begeisterten Kolleginnen, entschied ich mich gegen diese allesamt sehr japanischen Lösungsansätze und sprach ihre Hoheit auf Japanisch an - wahrscheinlich grottenfalsch, weil unhöflich. Aber wenn sie's amüsant oder rüpelhaft fand, hat sie sich's jedenfalls nicht anmerken lassen. Also definitiv eine interessante Erfahrung. Und hoffentlich ein gutes Foto (folgt noch). Als Lehre daraus sollte ich wohl ziehen, dass ich mir in Zukunft einfach alles und jedes merke, egal wie unwichtig. Fragt mich doch in zwei Wochen nochmal, was in diesem Blogeintrag stand, nur zum Testen. ;)
Tatsächlich bin ich aber auf noch eine viel wichtigere in Vergessenheit geratene Vokabel gestoßen. Und zwar, als ich zum ersten Mal Leo auf Japanisch jemandem vorstellen wollte. Denn die Japaner haben verschiedene Wörter für Familienmitglieder, je nachdem, ob's die eigenen oder die des Gesprächspartners sind. Und da ich vorher noch nie Anlass dazu hatte, hatte ich das Wort für 'mein Ehemann' noch nie in den Mund genommen. Und so musste ich erstmal das Lexikon zu Rate ziehen, um sagen zu können, in welcher Beziehung Leo zu mir steht.
Wundert euch also bitte nicht, wenn ich ihn in Zukunft zu Übungszwecken mit dem passenden japanischen Wort betitele. Das, um die ohnehin schon bestehende Namensverwirrung komplett zu machen, übrigens 'otto' lautet.

Tadaimaaaaa

Was so viel heißt wie: Wir sind wieder da!
Zweieinhalb wilde Wochen mit einem Wahnsinns-Con (in jeder Beziehung), einer ebenso großen Konferenz mit ähnlich skurillen, aber doch etwas ernsteren Themen, einem Blitz-Wochenendtrip nach Tokyo und tausend Tempeln und Schreinen in Kyoto plus viel, viel, viel leckerem, unidentifizierbarem japanischem Essen liegt hinter uns. Oder sollte ich sagen: haben wir überlebt? Aber das klingt vielleicht zu negativ, denn es hat durch die Bank jede Menge Spaß gemacht. Das Rollenspiel sowieso, auch wenn es rein oberflächlich betrachtet wie ein einziges von morgens bis abends ohne Pause Durcharbeiten wirkte. :) In Wirklichkeit war's eine gut getarnte Mordsgaudi.
Und Japan auch. Erstaunlich, wie viele Klischees, die ich schon fast als hoffnungslose Übertreibungen meines Erinnerungsvermögen abgehakt hatte, doch immer noch zutreffen. Und wie entspannt es sein kann, Japan als Tourist zu erleben, ohne irgendwelche Arbeitsverpflichtungen oder Kurse. Wobei ich mich - zunehmend japanisiert, ich hoffe, das gibt sich schnell wieder - schon recht verantwortlich für das Wohlergehen von Leos Kolleginnen fühlte und versucht habe, sie nach Kräften mit der japanischen Kultur vertraut zu machen. (Ist da ein Widerspruch in diesem Satz? Wenn man die Tintenfischinnereien, die ich im Restaurant für sie bestellt habe, bedenkt, wahrscheinlich schon.) Aber insgesamt war das ganze sehr entspannt und lustig und sehr sehr japanisch. Im positiven Sinne des Wortes. Ich bin tatsächlich etwas versöhnt. Wobei ich nach wie vor der Meinung bin: Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit japanischen Vorgesetzten.
Aber wenn das Land (die Leute? die Atmosphäre? die Hitze?) sogar Leo zum Karaoke-Singen inspiriert, dann kann's ja nicht ganz schlecht sein, oder?