11 Februar 2008

Alive and kickin'

Was ein Sprachgenie mal mit 'lebendig und heiß auf mehr' übersetzt hat. Ja, und so geht's mir grade. Ich habe eine Woche lang übersetzt wie ein Weltmeister, mir kaum eine Pause gegönnt, meinen Rücken und meine Augen durch ständiges Am-Computer-Sitzen malträtiert wie nichts gutes, und weiß jetzt wieder sehr genau, warum ich die japanische Sprache für eine der bescheuertsten auf dieser Erde halte (dazu folgt ein separater Eintrag).
Aber ich lebe noch. Und nicht nur das: ich habe den wirklich schwierigen Text größtenteils verstanden, fast alle Fachworte gefunden, auch wenn sie in keinem Lexikon standen, habe Fehler im Original entdeckt und korrigiert, und war ein gutes Stück vor dem Abgabetermin fertig. Und was mich besonders gefreut hat: Mein Vater, der so lieb war, das ganze zum Schluss nochmal gründlich durchzukorrigieren und für den Fachmann lesbar zu machen, kommentierte meine Übsetzung mit einem (nicht neu-türk/hip-hop-deutschen, sondern schwäbisch-minimalistischem) "Respekt". Deswegen bin ich jetzt echt stolz auf mich.
Und habe echt Lust, so weiterzumachen. Diese Art von selbständigem Arbeiten ist genau das, was ich will: ich kann mir meine Zeit sehr frei einteilen (mehr oder weniger, Eilaufträge lassen da nicht viel Spielraum, aber ob ich von 8-17 oder von 14-22 h übersetze, macht keinen Unterschied), ich kann im Jogginganzug arbeiten und nebenbei Nase bohren, ich mache eine Arbeit, von der ich was verstehe (ok, Ultraschalloszillatoren war vielleicht etwas gewagt, aber ich werd mich bestimmt nicht regelmäßig auf solche Aufträge einlassen), ich produziere etwas konkretes (ganz anders als Werbung), und vor allem muss ich nicht dauernd irgendwas darstellen, was ich nicht bin (Karrierefrau, vom Produkt begeistert, jung, dynamisch und erfolgreich...).
Jetzt muss ich nur noch drei Sachen hinkriegen:
1. Mit den Formalitäten fürs Finanzamt klarkommen, ohne dabei zur Radikalemanze zu werden. Als Selbständiger brauche ich eine extra Steuernummer. Was mir dort aber niemand gesagt hat, ist dass ich mit meinem (ebenfalls teilselbständigen) Mann gemeinsam veranlagt werde, und deswegen seine Steuernummer benutzen darf. Was bedeutet, dass er meine selbständige Tätigkeit anmelden muss. Ich darf den Antrag nur zusätzlich unterschreiben. Da fühl ich mich doch gleich wahnsinnig selbständig. Ähm. Na gut.
2. Kunden finden. Dazu wusel ich schon ganz eifrig durchs Internet, bewerbe mich hier und da, und hoffe, hoffe, hoffe... Solltet ihr jemanden kennen, der eine Übersetzung Englisch-Deutsch oder Japanisch-Deutsch (ggf. auch Japanisch-Englisch) braucht, immer her damit. Ich lese auch Korrektur oder texte, wenn gewünscht. Ihr kennt ja meine Schreibe und meine Sorgfalt (nein, Du schreibst nicht Pedanterie, nein, das ist nicht werbewirksam, nein!) was Rechtschreibung angeht.
3. Preise richtig einschätzen lernen. Für Japanisch-Übersetzungen hab ich bei der Konkurrenz im Internet eine Preisspanne zwischen 1,10 und 3,80 pro Zeile gefunden. Das verstehe wer will. Ich denke, ich werde mich sicher das eine oder andere Mal durch meine Preisforderungen aus einem Auftrag rauskicken, habe mir aber vorgenommen, nicht zu billig zu arbeiten. Mal sehen, ob ich das durchhalte.
Und überhaupt ist das alles furchtbar aufregend. Was ich natürlich nur sagen kann, weil ich einen Mann habe, der bereit ist, diese Abenteuer mitzumachen und mich finanziell abzusichern. Danke, Leo.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Jo, wir reden dann wieder darüber wie aufregend das Ganze ist, wenn das Finanzamt zum ersten Mal eine Vorrauszahlung (natürlich geschätzte Zahlen) für die kommende, noch nicht fällige Steuer von mehreren tausend Euro, zahlbar innerhalb von 14 Tagen haben will... Natürlich werden dann allfällig zuviel bezahlte Beträge der Schätzung mit der tatsächlichen Steuerrechnung am Ende des Jahres wieder zurückbezahlt. Aber erst mal darf man kräftig löhnen - ich spreche da aus Erfahrung... Für mich gilt: Selbständigkeit in Deutschland NIE NIE NIE wieder!!!!

Anonym hat gesagt…

GoGoGatchetto-ÜbersetzungsTanja.

Übersetz das mal ins Japanische. :)
Insofern. GLÜCKWUNSCH und ich drücke fest die großen Zehen.

naiko hat gesagt…

du michael,
findest du dermaßen negative kommentare eigentlich sinnvoll? ich nicht!!!!!!

es gibt eine menge leute, die sich in deutschland mit erfolg selbstständig gemacht haben, mit einer guten idee, mit können und mit durchhaltevermögen. leute, die zuerst einmal keine ahnung von finanzen, finanzamt, etc. hatten.

ok, das braucht rückgrad, und durchhaltevermögen, auch krisentoleranz. und freunde und familie, die einem helfen, die mit einem durchhalten. und sicher nicht, dass einer rum-unkt und erklärt,was für eine dumme idee selbstständigkeit in deutschland ist. es gibt leute, die leben nun mal hier und wollen das auch weiterhin!

und da spreche ICH aus erfahrung. ich sitze nämlich daheim und hab einen selbstständigen unterstützt, tus immer noch, obwohls inzwischen gar nicht mehr so nötig ist, aber man hält zusammen.

anne und ihr mann haben eine super laufende firma (und neuerdings eine n eigenen verlag!) - und haben die steuervorauszahlung überstanden: alles eine frage der planung.

andi hat eine gut laufende firma - und es geht weiter aufwärts.

dies nur zwei beispiele, die als ermunterung dienen sollen, denn beide ideen waren erstmal nur mäßig erfolgversprechend. auf den ersten blick.

tanja, deine idee ist gut (sooo viele japanisch beherrschende menschen mit sprachgefühl auch im deutschen und erfahrung gibt es nun uch nicht), du hast super voraussetzungen, weil du leo hast, du bist gut in dem, was du machst, du hast spaß daran. energie. organsationstalent, du bist intelligent genug, den steuer-finanzwahnsinn gut zu überstehen.
denk dran, was du hinter dir hast und mach dir klar, wie viel krisentoleranz du hast.

die kunst besteht nämlich darin - davon bin ich überzeugt - das zu finden, was einem gut tut. dann kann man es auch schaffen.

auch wenn leute meinen, es sei eine dumme idee.

und michael: so leid es mir tut, genau das sagst du in deinem kommentar.

ich bin hier anderer meinung und diesmal finde ich es eigentlich nicht in ordnung.

gruß
n.

Leo und Tanja hat gesagt…

Also erstmal: Nach dem Japanisch-Wahnsinn kann mich der Finanzamt-Wahnsinn kaum noch schocken. Auch der Kommentar von MIB nicht, obwohl er schon etwas entmutigend klingt. Aber ich bin vorgewarnt, seit Leo letztes Jahr plötzlich eine Steuernachzahlung, kombiniert mit einer vom Finanzamt großzügig geschätzen Vorauszahlung fürs kommende Jahr leisten musste, die in etwa die Höhe meines früheren Brutto-Jahresverdienstes hatte. Und da ich als Verheiratete mit meinem Mann in einen (Steuer-)Topf geworfen werden, darf ich damit rechnen, ca. 50% meines Gewinns abzugeben. Das tut schon irgendwie weh. Aber andere schaffen's ja auch, und ich hab nie vorgehabt, damit reich zu werden. Naja, auch hier gilt: Fragt mich nochmal, wenn's so weit ist. Ansonsten lass ich mir meine Alles-Egal-Tabletten halt noch ein bisschen länger staatlich subventionieren... ;-)

Anonym hat gesagt…

Ähm. Ich darf darauf hinweisen, daß der Kommentar "michael" nicht von mir ist. Ich bin MiB und nur der zweite Eintrag ist von MiB.

Insofern kommt die Entmutigung nicht von mir und meine paar Zeilen sollen nur meine Freude über Tanjas Errungenschaften ausdrücken.

Leo und Tanja hat gesagt…

Tja. Peinlich. Wie lautet die erste Regel für Übersetzer, so wie für überhaupt alle, die mit dem geschriebenen Wort zu tun haben? Genau lesen! Da hab ich wohl versagt. Der erste (entmutigende) Kommentar war nicht von MIB, sondern von Michi. Entschuldigung an ersteren und alle verwirrten Leser. MIB, ich hoffe, Du nimmst das als Kompliment: Du bist der erste, der mir einfällt, wenn ich Deinen Vornamen lese. :)
Michis Kommentar kann ich bei allen Erfahrungen, die er machen musste, gut verstehen. Entmutigen lass ich mich trotzdem nicht - hab grad einen hoffnungslos unterbezahlten aber saulustigen Dauerauftrag bekommne. Mehr davon demnächst in diesem Groschenroman.

Birgit hat gesagt…

(Oh, spannende Entwicklungen und mangels hauseigenem Internet krieg' ich es als Letzte mit.)
Herzlichen Glückwunsch zur Selbständigkeit!!! Ich drücke natürlich auch ganz fest die Daumen, daß alles gut läuft und auch weiterhin Spaß macht und bin mir sicher, daß du die Sache mit dem Finanzamt ganz schnell gewuppt bekommst. Das ist auch nur eine Frage der Übung.

Viele liebe Grüße!
Birgit