Der Mensch an sich ist ja manchmal sparsam. Vor allem, wenn's um seine Gehirnkapazität geht. Deswegen filtert er die Informationen, die er so tagtäglich bekommt, und merkt sich theoretisch nur die wichtigen. Das trifft auf mich nicht uneingeschränkt zu. Ich kann immer noch die meisten 80er-Jahre-Popsongs auswendig mitsingen, sogar die, die ich nicht besonders mochte. Dafür kriege ich keine einzige binomische Formel mehr zusammen. Und vergesse auf dem Weg aus dem Wohnzimmer in die Küche, was ich mir dort eigentlich holen wollte.
Trotzdem versuche ich, wann immer es mir möglich ist, Informationen in wichtig und unwichtig einzuteilen, und die unwichtigen ganz schnell wieder zu vergessen. So zum Beispiel bestimmte Vokabeln der japanischen Höflichkeitssprache (ein sehr komplexes Ding mit eigener Grammatik und seeeh kontextabhängig). Nämlich die, von denen mir gesagt wurde, dass ich sie nur brauchen würde, wenn ich mal mit dem Kaiser oder ähnlich hochgestellten Personen reden würde. Da meinte mein Gehirn, das passiert eh nie, also gar nicht erst speichern.
Tja, und dann war auf der Eröffnungsveranstaltung eine kaiserliche Prinzessin anwesend, schlenderte durch den Saal und machte liebenswürdige Konversation mit den ausländischen Gästen. Was tut man da? Englisch reden? Einfach die Klappe halten? Möglichst diskret den Empfang verlassen? Sanft genötigt von Leos begeisterten Kolleginnen, entschied ich mich gegen diese allesamt sehr japanischen Lösungsansätze und sprach ihre Hoheit auf Japanisch an - wahrscheinlich grottenfalsch, weil unhöflich. Aber wenn sie's amüsant oder rüpelhaft fand, hat sie sich's jedenfalls nicht anmerken lassen. Also definitiv eine interessante Erfahrung. Und hoffentlich ein gutes Foto (folgt noch). Als Lehre daraus sollte ich wohl ziehen, dass ich mir in Zukunft einfach alles und jedes merke, egal wie unwichtig. Fragt mich doch in zwei Wochen nochmal, was in diesem Blogeintrag stand, nur zum Testen. ;)
Tatsächlich bin ich aber auf noch eine viel wichtigere in Vergessenheit geratene Vokabel gestoßen. Und zwar, als ich zum ersten Mal Leo auf Japanisch jemandem vorstellen wollte. Denn die Japaner haben verschiedene Wörter für Familienmitglieder, je nachdem, ob's die eigenen oder die des Gesprächspartners sind. Und da ich vorher noch nie Anlass dazu hatte, hatte ich das Wort für 'mein Ehemann' noch nie in den Mund genommen. Und so musste ich erstmal das Lexikon zu Rate ziehen, um sagen zu können, in welcher Beziehung Leo zu mir steht.
Wundert euch also bitte nicht, wenn ich ihn in Zukunft zu Übungszwecken mit dem passenden japanischen Wort betitele. Das, um die ohnehin schon bestehende Namensverwirrung komplett zu machen, übrigens 'otto' lautet.
5 Kommentare:
otto? aha. und wie soll ich das jetzt je wieder lsowerden? und benutzen kann ich es vermutlich auch nur selten, da es sooo viele ottos ja gar nicht gibt, also deutsche ottos, japanische gibts vermutlich in größerer zahl. tja, zu dummm.
;-)
liebe grüße
n.
So so, Leo ist also ab jetzt "dem Tanja ihr sein Otto". Mal sehen, ob unsere Hirne das als wichtige Information abspeichern, oder ob wir dich demnächst alle doof ankucken, wenn du von deinem Otto sprichst. ;-)
Toll das du so mutig warst mit ihr zu reden. Ich merke immer wieder wie viele interessante Gelegenheiten an einem vorbeistreichen ohne genutzt zu werden, aufgrund irgendwelcher blöder Ängste und Kontitionierungen.
Schön wenn man seine eigenen Regeln findet und sich auch noch wohl dabei fühlt!
Ist ja spektakulär. Und wie nenne ich Leo, wenn ich mit dir japanisch rede?
Boh, das ist jetzt wirklich kniffelig! Wie nennt mein Bruder seinen Schwager auf japanisch? Go-shujin wäre das Wort, das nicht-Familienmitglieder verwenden würden.
Vielleicht nur shujin, ohne das Honorificum go-? Andererseits... wieviel Respekt schuldet ein jüngerer Bruder dem Mann seiner älteren Schwester? Ist die Schwester, da weiblich, eher rangniedriger, oder -höher, weil älter? Oder greift dann das Ältere-verwöhnen-Jüngere-Prinzip, und er darf doch wieder 'respektlos' sein? Hab ich schon mal erwähnt, dass ich Japaner wirr finde?
Ein kleiner Trost: die finden Englisch genauso schwer wie wir ihre Sprache.
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