24 August 2008

Sag's in 24 Zeichen

Eigentlich sollte dies ein lustiger Blogeintrag über meine derzeitige Arbeit werden, inkl. Zeilenumbruch nach jeweils 24 Zeichen. Aber 'lustig' trifft grade meine Stimmung nicht wirklich, also versuch ich mal mit 'neutral' anzufangen und mich dann zu 'maßlos selbstmitleidig' zu steigern.
Vor einiger Zeit habe ich endlich geschafft, was ich schon lange versucht hatte: in die Kartei einer Übersetzungsagentur aufgenommen zu werden, die sich auf Computerspiele spezialisiert hat. Das ist eine Boombranche, außerdem kenn ich mich zumindest grundlegend damit aus, und es klingt lustig und abwechslungsreich.
Ist es auch. Die Texte sind nicht wahnsinnig kompliziert, man muss nur ab und zu ein paar Spezialausdrücke recherchieren, und die größte Schwierigkeit ist, die meistens vorgegebene Zeichenbeschränkung pro Zeile (s.o.) einzuhalten.
Vor knapp zwei Wochen kam nach ein paar kleineren Sachen der erste große Auftrag. Jeweils Portionen von ca. 10.000 Wörtern in einem Zeitrahmen von je ca. 2 - 3 Tagen. Nicht unmöglich, aber schon sehr anspruchsvoll. Ich habe trotz Con-Vorbereitungsstress angenommen, zum einen, weil das diesen Monat mein erster richtiger Umsatz wird, zum anderen, weil ich eben in die Branche rein will. Das bedeutete zwar, von früh morgens bis spät abends durchzuarbeiten, Sehnenscheidenentzündung und Rückenschmerzen inklusive. Aber egal. Ich hab jede Deadline eingehalten, meistens sogar etwas früher abgeliefert als verlangt. Den letzten Teil habe ich am Freitag gg. 14h abgegeben, und bin dann ein bisschen stolz und selbstzufrieden zum Einkaufen und zum Sport gegangen. Professionell, pünktlich, zuverlässig und auch noch gut im Übersetzen. Und niemals auch nur ein Zeichen zu viel, in keiner Zeile. Die buchen mich wieder. Dachte ich.
Der Grund, warum ich jetzt schon 20 Minuten hier rumsitze und heule, ist dass meine Übersetzung offenbar nicht angekommen ist. Am Samstag morgen hatte ich eine Mail von Freitag Abend im Posteingang, in der die Agentur fragte, wann ich denn gedenke abzugeben. Also hab ich das ganze noch mal geschickt, in der Hoffnung, dass die Agentur dann gleich am Montag früh damit weiter arbeiten kann. Und habe den Fehler begangen, am Samstag nicht mehr in meine Mail zu schauen, sondern mir tatsächlich etwas Freizeit zu gönnen.
Eben hab ich dann in meinem Posteingang eine weitere Mail vom Samstag gefunden, diesmal schon in reichlich entnervtem Ton. Offenbar ist meine Mail wieder nicht angekommen; die Übersetzung sollte aber schon am Wochenende weiter bearbeitet werden.
Tja. Jetzt sitz ich da und bin völlig chancenlos. Ich habe alles getan, was ich konnte, hab mich abgerackert und alles getan, was ich konnte. Und wieder mal hat's nicht gereicht. Keiner ist schuld, dass die Email nicht angekommen ist. Das attachment war nicht zu groß, es gab keine Fehlermeldung, das Ding ist einfach (zweifach) in den Weiten des Internet verschwunden. Und trotzdem bin ich die Dumme. Denn natürlich kann ich nicht einwandfrei beweisen, dass ich die Mail abgeschickt habe. Die Konsequenz ist im besten Falle, dass die mich nicht mehr buchen, im schlimmeren Falle, dass sie mich nicht oder nur reduziert bezahlen, und im allerschlimmsten, dass sie mir eine schlechte Bewertung im Übersetzernetzwerk verpassen.
Kommt mir diese Situation nicht irgendwoher bekannt vor? Sind in meiner Agenturzeit nicht ständig solche Sachen passiert? Ich hab mich kaputtgearbeitet, und dann kam irgendwas dazwischen, wo ich keinerlei Einfluss drauf hatte, und trotzdem blieb die Verantwortung an mir hängen. Schön, so in die gute alte Zeit zurückversetzt zu werden. Das ist genau das, was ich brauche, um die Stabilität und das Selbstbewusstsein zurückzugewinnen, das ich mir während der Depression so schön abgewöhnt hatte.
Jetzt sitze ich also hier und heule, weil eine verf"§$&/)!**% Email nicht angekommen ist. Etwas, das im Geschäftsleben täglich hundertmal passiert. Etwas völlig Undramatisches, eigentlich.
Aber ich bin am Boden zerstört. Ich weiß, das ist wehleidig und übertrieben und selbstmitleidig, aber ich kann nicht anders, ich find's einfach nur extrem unfair.
Was mir wieder einmal - wieder, als ich grade dachte, langsam kommt alles in Ordnung - beweist, dass ich noch nicht bereit für das wirkliche Leben bin. Nur weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr, was ich noch tun soll, um mich dafür bereit zu machen.
So. Jetzt habt ihr mal einen Tanja-Ausbruch live miterlebt. Ich schäm mich jetzt schon dafür, aber ich glaub, ich drücke jetzt trotzdem gleich auf 'veröffentlichen'. Und geh dann ins Bett und heul da weiter.

9 Kommentare:

Birgit hat gesagt…

Oh nein *dichknuddel* wie ätzend, das ist ja eine wirklich fiese Sache. :o( Konntest du denn schon rausfinden, woran es lag: Tippfehler in der Mailadresse? Oder bist du bei denen eventuell im SPAM-Ordner gelandet? Das ist mir mal mit einem Rechercheauftrag passiert und dem Doc war's dann hinterher hochnotpeinlich, weil er mich ziemlich zur Sau gemacht hatte, weil ich angeblich meinen Job nicht machen würde.
Ich drück dir auf jeden Fall alle Daumen die ich finden kann, dass deine Arbeit nicht umsonst war, sich die Mail doch noch anfindet und du dein Geld bekommst.

Viele liebe Grüße
Birgit

P.s. Übrigens - bei solchen Fiesigkeiten des Lebens sind weinen, schreien, fluchen und ein Pfund Schokolade verdrücken nicht nur erlaubt, sondern auch völlig angemessen.

naiko hat gesagt…

ich glaube nicht wirklich, dass man sich auf sowas vorbereiten kann.
leider! leider?
ungerechtigkeit, und sei es die des schicksals (pech, technik, etc. eingeschlossen) können wir wohl alle nicht gut aushalten. und das ist letztlich auch gut so, sonst würde sich keiner mehr darum kümmern, ungerechtigkeiten zu vermeiden. und das ist wichtig, denke ich mal.

sicher tröstet dich das jetzt nicht besonders, aber vielleicht gibt es deiner wut und deiner mehr als berechtigten verzweiflung einen hauch von sinn?

ganz liebe grüße
sendet n.

Tine hat gesagt…

Hallo Tanja - sowas passiert (leider). Ich eknn das, Bodo auch. Aber es wird auch wieder besser. Versprochen. Rede eifnach nochmal mit denen. Dann werden sie dich sicher noch mal buchen :o) Du weißt doch: Reden hilft!!! :o)

Ich drücke dir genauso die Daumen, wie Bodo das schon den ganzen tag tut :o)

Ganz liebe Grüße
Bettina *Kopf hoch*

Chris hat gesagt…

Ach maenno... Aber sieh es so: Wir haben am Samstag herzhaft gelacht und zu sechst einen Moerderspass gehabt. Das ist das wahre Leben!

Anonym hat gesagt…

Hi Tanja, das ist wirklich schade, mir ist es auch schon so gegangen. In so ziemlich allen Fällen ist die Email im Spam gelandet. Eine gute Alternative ist ein FTP-Ordner für Kunden. Schicke einfach dem Kunden die Zugangsdaten und sag ihm, dass er die Daten dort abholen kann. Wenn Du möchtest, kann ich Dir auch einen ordner bei uns anlegen, auf den nur Deine Kunden Zugriff haben. Das könnte klappen, oder? Sei gedrückt, Dein Mac

Anke hat gesagt…

Also das ist ja wohl das letzte! Die haben deine mails nicht bekommen?!
TSK.
Wie andere schon gesagt haben - Spamfilter und die haben es nicht gecheckt? Oder Firewall?
Haben die andere mails von Dir erhalten?
ALSO ECHT. Da machst du Dir SO die Mühe, nochdazu gleichzeitig mit Convorbereitung, und ich weiss, wieviel Zeit du da rein gesteckt hast, und dann DAS!

Also, das muss echt richtig gestellt werden.
Die sollen mal rausfinden, was mit der mail passiert ist.
Denn dass die 2x im Netz hängen bleibt scheint schon sehr unwahrscheinlich. Da muss es irgendwo hängen.
Und ich finde, wenn rauskommt, dass es an DENEN lag, dann sind sie Dir nicht nur eine Entschuldigung, sondern auch eine angemessene Aufwandsentschädigung schuldig.

Und es ist überhaupt nicht wehleidig und übertrieben!! Das würd uns ALLEN genauso gehen, Tanja! Und gar nicht selbstmitleidig - es ist SCH... gelaufen, und da ist es klar, dass einen das extrem frustriert!

Anonym hat gesagt…

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(Anm. von Hendrik: ich glaube, Marlin wollte einen tröstenden Brief schreiben.)

Hendrik hat gesagt…

Sehr ärgerlich, da stimme ich zu. Ich glaube auch, dass so etwas zu den Berufsrisiken gehört, wenn man von zu Hause arbeitet.

Ich habe mal gelesen, dass eine der intensivsten Arten von negativen Kindheitserinnerungen damit zu tun haben, für etwas bestraft zu werden, was man nicht getan hat. Insofern ist dein Ärger sehr nachvollziehbar.

Wenn ich mir auch vorstellen kann, dass du gerne einen guten Eindruck hinterlassen hättest, würde ich mir trotzdem wünschen, dass du dein eigenes Wohlbefinden nicht zu sehr davon abhängig machst, wie dich andere Leute beurteilen. Was dir gefällt ist wichtig, nicht was deinen Auftraggebern gefällt.

Leo und Tanja hat gesagt…

Tja, das ist genau das Problem: Das normale Maß. Sicherlich hätte sich jeder über so was aufgeregt. Aber eben nicht so exzessiv. Mein Bruder hat völlig recht: Ich brauche etwas mehr Wurstigkeit. Da haben die Alles-Egal-Tabletten schon geholfen. Oder, falsch. Sie haben das Problem verschoben, aber nicht gelöst. Dass ich jetzt, ohne Tabletten, so empfindlich bin und nix mehr aushalte, zeigt mir, dass die Sache mit der Depression eben noch nicht ausgestanden ist. Eigentlich wie Abnehmen: Tabletten bringen gar nix, da hilft nur harte Arbeit. Und da so viele Leute in meiner Umgebung in letzter Zeit so erfolgreich abnehmen, such ich mir jetzt einfach ein Äquivalent zu den Weight Watchers (Depri Destroyers? Self-confidence Sentinels? Ego Enforcers?) und arbeite dran. Jawoll.