Neulich war ich mit Matilda unterwegs, als ich Zeuge einer seltsamen Szene wurde. Auf dem Parkplatz vor der Kirche lief eine Frau. Ein Mann folgte ihr, legte von hinten den Arm um sie, drehte sie um und führte sie in die andere Richtung davon. Zuerst wollte ich weiterfahren. Aber irgendwas fühlte sich komisch an. Das ganze wirkte entmündigend. Aber ich wollte ja eigentlich weiter. Und hatte außerdem meine kleine Tochter dabei. Was wenn...
Was wenn der Typ gewalttätig würde?
Dieser Gedanke legte einen Schalter in meinem Kopf um.
Ich stieg vom Fahrrad, nahm Matilda auf den Arm und ging zurück.
Das Paar, denn so wirkten sie, stand bei einem Auto. Der Mann gestikulierte, die Frau solle einsteigen. Nicht besonders heftig, es gab keine lauten Worte. Nur diese resignierte Körperhaltung der Frau, die hochgezogenen Schultern, der eingezogene Kopf ... und die Tatsache, dass sie offenbar in ihr Taschentuch weinte.
Hatte ich den Schalter in meinem Kopf erwähnt? Der stand jetzt auf Alarmstufe rot.
Ich ging zu den beiden und sprach die Frau an. So ruhig es mir eben möglich war, denn ganz ehrlich, um so viel Mut aufzubringen, war eine gehörige Portion Wut im Bauch nötig. Trotzdem blieb ich einigermaßen zivilisiert.
Ich fragte sie, ob alles in Ordnung sei und bot ihr an, dass sie, statt ins Auto zu steigen, mit mir kommen könnte.
Natürlich verneinte sie, wie auch der Mann, beide lachten (etwas gezwungen - oder war das Einbildung?), es sei alles ein Missverständnis.
Ich machte mein Angebot nochmal. Sie lehnten nochmal ab. Dann ging ich. Zitternd vor Wut. Auf die Frau.
Auf die Frau? Mir wurde klar, dass ich das nicht gemacht hatte, um einem prügelnden Ehemann die Stirn zu bieten. (Wäre er wirklich gewalttätig geworden, hätte ich ihm nicht viel entgegenzusetzen gehabt, schon gar nicht mit Kind auf dem Arm...) Sondern, um eine in welcher Form auch immer unterdrückte Frau in eine möglichst peinliche Situation zu bringen. Denn das, so weiß ich aus eigener Erfahrung, erhöht den Leidensdruck um ein Vielfaches mehr als ein paar Schläge. Die man schon irgendwie aushält. Aber dass Leute bemerken, dass man selbst so blöd ist, sich das antun zu lassen...
Ich hoffe, es hat ihr irgendwas gebracht.
Und ich hoffe, dass ich irgendwann aufhören kann, dem Opfer - mir - die Schuld zu geben. Empathie mit dem Täter halte ich bei jedem Verbrechen grundsätzlich für etwas Gutes. Solange sie nicht dazu führt, dass das Täter-Opfer-Verhältnis umgekehrt wird.
Dazu gibt es hier ein sehr gutes Video, das erklärt, warum wir Opfer alle so blöd sind. Nehmt euch die Zeit und schaut es an, damit ihr mich wieder respektieren könnt. ;)
5 Kommentare:
Wieso sollten wir dich nicht respektieren? Du bist auf eine seltsame Situation aufmerksam geworden, bist hingegangen, hast nicht weg gesehen... Das ist doch das wichtigste.
Hallo!
Mein Name ist Astrid Fee, und durch Zufall bin ich auf Deinen Blog gestoßen und habe nur die aktuellsten Einträge gelesen. Ich möchte Dir einfach sagen - Dein Schreibstil ist SPITZE, ich hab so viel geschmunzelt und zum Nachdenken und für den Tiefgang gibt's auch was. Einfach nur GRATULIERE - und ein schönes Wochenende aus dem sonnigen Niederösterreich!
Astrid
ich hab das video angeschaut und viel, viel nachgedacht. und ich glaube, deine reaktion auf die frau in deiner "geschichte" sehr gut verstehen zu können. das ist wohl ähnlich, wenn ich auf meine übermäßig braven schülerinenen eine solche wut kriege,dass ich schreien könnte - und manchmal tu ich es auch: "seid mal frech, verdammt! probt den aufstand! seid nicht so angepasst!" und natürlich weiß ich, dass man die so erzogen hat. trotzdem bin ich wütend. auch auf die erzieher natürlich, aber eben auch - ungerecht? - auf die mädchen...
vielleicht glaube ich daran, dass ein nicht-hinnehmen eines unterwürfigen verhaltens helfen kann. und in einer täter-opfer-situation solcher art kann man dem opfer - siehe video - bene auch dadurch helfen,dass man es in die stärke hinein provoziert und DANN beschützt. daran glaube ich - für viele situationen.
was den respekt angeht: ich neige dazu, eine (deutliche!) spur mehr respekt zu haben vor menschen, die schwieriges hinter sich gebracht habe, also vor solchen, die erst gar nicht in schwierigkeiten gekommen sind.
ergo: chapeau! ;-)
Was mir am besten gefallen hat, ist dass Du eingegriffen hast. Mir fehlt die Erfahrung als Maedchen sozialisiert worden zu sein - und ich habe der Erziehung in die Opferrolle hinein sicherlich zu wenig bedacht - aber ob Mann oder Frau, die meisten Leute fragen nicht nach, bieten keine Hilfe an, oder greifen nicht ein. Dazu bin ich erzogen worden, und habe es selbst getan - auch wenn es der Chefin oft lieber waere, dass ich es nicht tun wuerde. Dein Verhalten verdient Respekt und Anerkennung.
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