(Wer zum Lesen einen passenden Soundtrack hören will: Bitteschön.)
Mutter sitzt mit Baby am Frühstückstisch. Aus dem Wohnzimmer hört man die Stimme eines Kindes.
Lenny (klagend): Hab des ausgeschüttet.
Die Mutter nimmt ihr Baby hoch, steht auf und geht nachsehen.
Mutter: Was denn?
Lenny: Mit dem Kabel.
Die Mutter erreicht das Wohnzimmer. Zoom auf den Tisch, wo ein halbvolles Wasserglas steht, in dem ein Laptop-Stromkabel hängt. Kamerafahrt am Kabel entlang bis zur Steckdose - es ist eingesteckt!
Totale. Die Mutter legt das Baby auf dem Sofa ab, reisst das Kabel aus dem Glas und lässt es achtlos beiseite fallen, wendet sich ihrem Sohn zu und hält ihm eine lange, ausführliche Standpauke zum Thema "Kabel sind kein Spielzeug".
Zoom auf das betretene Gesicht des Sohnes, dann auf das besorgte der Mutter. Die Kamera zoomt aus. Stück für Stück wird im Hintergrund das auf dem Sofa liegende Baby sichtbar, das genussvoll an dem immer noch eingesteckten Kabel nuckelt.
Schnitt.
Zeit für die Badewanne. Geruchszoom auf Matilda: Die Windel ist voll. Geruchszoom auf Lenny. (Für das verbleibende Publikum, das offenbar seinen Geruchssinn verloren hat und darum nicht spontan geflüchtet ist: Die Windel ist voll.)
Aufnahme eines laufenden Wasserhahns, die Kamera fährt zurück: Eine Badewanne läuft ein, lustige Schaumblasen bilden sich. Eine Kinderhand, die sich nach dem Wasserhahn ausstreckt, kommt ins Bild.
Die Mutter betritt das Bad, sie hat das Baby auf dem Arm und ermahnt das größere Kind, "keinen Blödsinn zu machen", während sie das Baby wickelt. Die Mutter verlässt das Bad, die Kamera folgt ihr ins Kinderzimmer. Eine Weile erfolgt friedliches Babywickeln. Im Hintergrund hört man das Rauschen des Wasserhahns, der auf- und wieder zu- und wieder aufgedreht wird.
Dann ein Aufschrei.
Lenny: Nass!
Der Sohn kommt ins Kinderzimmer. Er hat den Zustand seiner Oberbekleidung akkurat beschrieben. Die Mutter wendet sich vom Baby ab, das die Gelegenheit nutzt, sämtliche auf dem Wickeltisch befindlichen Gegenstände nach und nach herunterzuwerfen.
Mit ein paar gepresst-verständnisvollen Worten zieht die Mutter dem Sohn das Oberteil aus, er läuft nur mit Hose und Windel bekleidet wieder los. Mit ein paar Handgriffen hat die Mutter das Baby ausgezogen, es ist bereit für die Badewanne. Der Sohn kommt wieder herein.
Lenny: Ich hab ein Kaka!
Mutter (im Umwenden): Ja, ich weiß, du... (hält entsetzt inne)
Nahaufnahme auf den nackten Sohn, der seine volle Windel vor sich herträgt.
Mutter (gezwungen positiv): Du hast ja deine Hose ausgezogen. Ich wusste gar nicht, dass du das kannst. Und die Windel auch!
Sie schnappt sich die Windel. Der Rest der Szene spielt sich im Zeitraffer ab.
Mutter angelt mit freier Hand nach einer Unterlage, auf der sie Baby - ohne Windel - ablegen kann, um zu verhindern, dass es den Teppich vollpieselt. Baby wird abgelegt, Sohn hochgehoben, wieder abgestellt, Mutter rennt in die Küche, ruft ihrem Sohn über die Schulter zu: Rühr dich nicht vom Fleck!, was dieser selbstverständlich nicht verfolgt, sie holt Küchenpapier, mit dem sie den Wickeltisch bedeckt, bevor sie ihren verschmierten Sohn darauf ablegt, beginnt, ihn abzuputzen, streckt die Hand aus, um das erste schmutzige Feuchttuch in den Müll zu werfen - Zwischenschnitt auf den Mülleimer, der auf dem Balkon steht (Achtung: hier auf keinen Fall Geruchszoom einsetzen!). Mutter rennt wieder in die Küche, holt eine neue Mülltüte. Zurück am Wickeltisch greift sie nach einem frischen Feuchttuch, doch die Packung ist leer. Das immer noch verschmierte Kind mit einer Hand festhaltend schafft es die Mutter nach mehrmaligen Versuchen, die neue Packung Tücher zu öffnen, während das Baby zu schreien beginnt.
Zu den beruhigenden Klängen eines Kinderlieds, das die Mutter nur ein ganz kleines bisschen zu schnell zu singen beginnt, fährt die Kamera langsam vom Kinderzimmer zurück ins Bad, wo die Wanne gerade anfängt, überzulaufen...
Langsame Abblende.
4 Kommentare:
sammeln!! drucken! veröffentlichen!
tanja, deine mutter-kind-geschichten trösten mich über jeden zweifel an der frauenbewegung, jeden frust über unerträglich denkfaule weibliche zeitgenossen, über traditionsfrust und familienwahnsinnigwerdung hinweg. wenn jemand aus solch einem alltagsirrsinn solche geschichten machen kann, dann macht kinderkriegen nicht eindimensional (was manche ja behaupten) sondern noch klüger!
i love it - and hope you (and all the other protagonists) survived!
Naiko hat alles gesagt: Bewunderung hierfür!
oh neeein...was ein Freitag der 13.
Das ist ein remake eine alten Klassikers. Mir gefällt die Interpretation der Muterrolle aber besonders gut. Alternativ könnte ich mir ein knalliges Groening-Setting dazu vorstellen...
Kommentar veröffentlichen