28 April 2011

Intuitives Moralverständnis

Ich glaube, ich bin aus der Art geschlagen. Als Kind zweier Naturwissenschaftler sollte ich die Welt eigentlich sehr rational und regelorientiert angehen (Naturgesetze, wissenschaftlich Denken und so). Wahrscheinlich trifft das auch durchaus auf mich zu. Trotzdem habe ich schon als kleines Kind festgestellt, dass ich immer an den Sachen am meisten Interesse und Spaß zu haben scheine, die bis zu einem gewissen Level auch ohne (explizite) Regeln funktionieren, bzw. die man intuitiv genausogut oder besser lernen/machen kann. Singen (da braucht man weder Noten lesen noch die Funktionsweise des Instruments verstehen lernen). Sprachen (klar, bestehen aus zahllosen Regeln, aber wenn man sie nur genug liest/spricht, kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, wie man etwas in der Sprache ausdrückt oder eben nicht, ganz ohne dass man es erklären könnte). Rollenspielen (angeblich die regelfuchserischste Beschäftigung überhaupt - aber ganz ehrlich, ich war jahrelang sogar Spielleiter, ohne mehr als drei oder vier Regeln zu kennen). Usw.
Ähnlich verhält es sich mit meinem individuellen Verständnis von Moral und ethischem Verhalten. In den meisten Situationen kann ich schon sagen, welches Verhalten ich richtig(er) finde. Nur hieb- und stichfeste Begründungen fallen mir wenn überhaupt meistens erst nach längerem Nachdenken ein.
Bis jetzt bin ich damit immer ganz gut durchgekommen. Bis jetzt musste ich ja auch selten jemadem was beibringen.
Aber in nicht mehr allzu langer Zeit werde ich meinem Kind vermitteln müssen, wie man sich 'richtig' verhält (falls es sowas überhaupt gibt).
Schlaue Erziehungsratgeber sagen mir zu diesem Thema, das beste Methode, Werte zu vermitteln, sei es, ebendiese Werte vorzuleben und sich danach zu richten. Klingt erstmal überzeugend. Allein, ich müsste schon sehr viel Rollenspiel bemühen, um meinem Kind vorzuleben, dass ich nicht einfach die Sandburg meines Nachbarn kaputtmache, auch wenn er grade dasselbe mit meiner getan hat. Und dann muss ich eben doch erklären. Regeln, und, weil ich überzeugt bin, dass selbige mit Begründung immer besser funktionieren und leichter zu verstehen sind, auch noch den Grund dafür.
Und dann auch noch so, dass ein 2-, 3- oder 5jähriger es kapiert. Wo ich das dohttp://www.blogger.com/img/blank.gifch meistens selber in meinem Kopf noch nie in Worte gefasst habe. (Hm. Bin ich nichts weiter als ein braver Befehlsempfänger, der Regeln befolgt, 'weil man das eben so macht'?)
So wie ich mich kenne, werde ich versuchen, dieses Problem zu lösen, wenn es erstmal da ist - intuitiv. An den Übungsgelegenheiten, die ich mit meinen Neffen schon jetzt manchmal habe, merke ich aber, dass das manchmal nicht ausreicht. Die 'richtigen' Antworten und Erklärungen fallen mir zu spät ein. Und als braves Naturwissenschaftlerkind wünsche ich mir dann ein gutes Buch zu dem Thema, mit dem ich mich ordentlich darauf vorbereiten kann.
Passenderweise hat eine Freundin gerade ein Blog zum Thema Erziehung eröffnet. Wenn jemand von euch also was Schlaues oder anderweitig Lesenswertes zu dieser Frage beizutragen hat, könnt ihr das entweder hier tun, oder bei Eliza vorbeischauen und da mitreden. Bin gespannt, wie ihr und Elizas Leser euch gegenseitig inspiriert. Und, äh, Buchtipps werden auch gerne genommen. ;)

1 Kommentar:

eliza hat gesagt…

hey tanja. :-)
erstens: ich finde, wenn der nachbar die sandburg zerstört hat, dann sollte man sie zurück zerstören (dürfen) - aber halt nicht den nachbarn. das lässt sich auch recht gut rechtfertigen: gleiches mit gleichem zu vergelten ist zwar nicht sonderlich christlich, aber menschlich. (und hilft gegen mobbing-gefühle!) schließlich hat jeder mensch ein recht auf gegenwehr - auch (gerade!) kinder.

zweitens: ich bin überzeugt, dass das moralgefühl eben ein gefühl ist, genau wie das rechtsgefühl, und wenn beide halbwegs gesund ausgebildet sind, dann reicht das, um sie zu vermitteln. man braucht dazu das intellektuelle (moral/rechts)bewusstsein zum erklären gar nicht. kinder hören sowieso sehr viel weniger zu als dass sie abschauen. und überhaupt verfechte ich - auch als "profi"-pädagoge - die auffassung, dass vorbild (notfalls als schlechtes) die einzig wirklich funktionierende methode zur erziehung im bereich moral, werte, manieren, etc, ist. wir reden da viel zu viel. (ja,das behaupte ICH^^)

und um nochmal zum anfang zurückzukehren: wenn du das bedürfnis hast,die sandburg des nachbarn zu zerstören, weil der/die die des kindes kaputt gemacht hat, warum möchtest du dann dein kind daran hindern? lehre es lieber, mit den konsequenzen seines handelns umzugehen. ich glaube nämlich fest, dass im zweifelsfalle eine gebrochene nase oder ein blaues auge weniger weh tun als hilflosigkeit und demütigung. und sie heilen auch schneller.
deine un-moralistin :-)

(und um falschen erwartungen vorzubeugen noch kurz: eliza möchte nicht nur die erziehung, sondern am besten gleich die ganze welt retten ;-) )