20 April 2008

Kulturförderung

Heute ist Sonntag.
Einer der wenigen dienstfreien Tage im April.
Mein Mann telefoniert gerade zum vierten Mal mit seinem Arbeitgeber. Weil die Arbeit für morgen organisiert werden muss - ein Auswärtstermin steht an, ein Assistent fehlt, welches Auto nimmt man denn, und wann trifft man sich wo zur gemeinsamen Abfahrt.
Eigentlich nicht weiter schlimm. Muss ja irgendwann und von irgendwem organisiert werden. Oder?
Sollte die Planung der Arbeit nicht eigentlich während der Arbeitszeit erfolgen? Weil sie ein Teil der Arbeit, nicht der Freizeit ist.
Mein Mann sagt, er schreibt sich Überstunden dafür auf. Die er irgendwann abfeiern darf. Evtl. Wenn nicht wieder mal grade jemand fehlt. Weil er keine Vertretung für sich finden konnte. Was eigentlich Aufgabe seines Arbeitgebers wäre.
Mein Mann meint, das sei halt die 'Kultur 'an seiner Arbeitsstätte.
Kultur, nach der Definition, die ich gelernt habe, ist (stark verkürzt und vereinfacht) ein Satz von Werten, Normen, Regeln zum Umgang mit Situationen, die sich eine mehr oder weniger geschlossene Gruppe selbst gibt.
Nicht zwingend explizit. Häufig gar nicht bewusst. Stabilität und Dauerhaftigkeit gewinnt das ganze hauptsächlich dadurch, dass man sich dran hält und danach lebt. Weil das eben so ist. Weil's alle machen.
Kultur - ist das nicht was schönes? Förderungswürdiges?

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das Wort Kultur wird meines Erachtens gerne für eine Beschönigung des Usus in Wirtschaftseinheiten hergenommen. In Wahrheit sind es sachmaterielle Zwänge und Arbeitsausprägungen.

Ich weiß ja, was Dein Menneken damit meint und was Du daran bemängelst. Ich halte es nur nicht für Kultur, wenn sich die Mitarbeiter selber ihr Auto organisieren müssen, weil die Tochter des Chefs das Institutsauto selber braucht. ;) Es klingt eher nach Organisation von Mangelwirtschaft. Oder von hoher und zumindest für den Einzelnen toller Kollegialität.

naiko hat gesagt…

liebe t.
das ist wohl eine frage der "ausfüllung" der genannten definition?
der arbeitgeber deines mannes hat eben eine sehr eigene art, kulturdefinitionen auszufüllen, wobei, leider haben ja zunehmend mehr arbeitgeber die entsprechende einstellung, was das leben nicht gerade erträglicher macht. meiner hat übrigens dieselbe tendenz - und er ist dabei sein eigener chef. das finde ich gelegentlich etwas beängstigend...(ob er sich wohl selbst irgendwann entnervt kündigt? ich bin gespannt...)

liebe grüße
aus dem selbstgeschaffenen arbeitswald - ja, beamte können das, sich selbst arbeit machen, man glaubt es kaum...
deine n.

Britta hat gesagt…

"... Und so müssen wir dem Fortschritt selbst um des Fortschritts willens eine Absage erteilen, erhalten was Erhaltenswert scheint und bekämpfen was verboten gehört..." ... Sch**** Harry Potter Zitat. Aber irgendwie fühle ich mich bei der allgemeinen Arbeitswelt daran erinnert. ;)
so manche Chefpolitik finde ich dieser Tage abstoßend. Noch schlimmer, wenn sie ihre eigene Mangelwirtschaft damit erklären, die Kollegen würden das Fordern, oder das sei schon immer so gewesen. All diesen Leuten wünsche ich einfach nur einen verdammt guten Betriebsrat an den Hals!

naiko hat gesagt…

mir geht gerade durch den kopf, dass ich nicht nur angesichts gewisser "arbeitsplatzkulturen" manchmal zweifel daran habe - nein, oft sogar, - dass wir wirklich so kultiviert sind, wie wir denken.

ich denke, dass wir noch sehr viel mehr "auf den bäumen" hocken, als wir wahrhaben wollen - und dabei sind wir dann auch noch ziemlich arrogant. sonst wär's eventuell gar keine so schlechte sache - das auf den bäumen hocken, meine ich.

aber da wir uns ja gerne über andere "affen" erheben (wir sitzen auf dem höchsten baum oder?), wollen wir dann auch unsere "baumregeln" auf alle andern übertragen, tun das so kurzsichtig wie möglich, machen die ohren zu, (die augen dann auch,wenn's schief geht) und kommen doch nicht von unseren bäumen herunter.

wär ab irgend einem zeitpunkt vielleicht auch zu riskant, man könnte eine andere perspektive kriegen, was oftmals verwirrend, ja verunsichernd wirkt.

tja, meine positve weltsicht bricht gerade mal wieder aus mir heraus - wie immer, einmal im monat...

frau sein ist ne strafe.
einmal im monat.
grüße.
hier regnets.
n.

p.s. normalerweise tarne ich mich wohl besser...?

Anke hat gesagt…

Nun, Unternehmenskultur ist, kurz gesagt, "so wie's halt ist".
Das muss nicht gut sein.
Deswegen wird ja auch so viel drueber geschrieben, weil es oftmals besser sein koennte.

Bedenklich wird's nur, wenn die U-kultur
a) eine ist, den den Mitarbeitern schadet (z.B. ihnen nicht genug Ruhepausen laesst)
und
b) das dann von den Mitarbeitern langfristig akzeptiert wird.

Es ist ein trauriges Zeugnis der "deutschen Arbeitskultur", wenn so etwas wie bei L. moeglich ist.
Das ist Ausbeutung, schlicht und ergreifend.