07 Juli 2009

Killerspiel

Laut diverser Vertraulichkeitsvereinbarungen (im wahrsten Sinne des Wortes Knebelverträge) darf ich ja eigentlich kaum was über meine Arbeit sagen. Aber grad muss ich mir mal irgendwie Luft machen. Also quasi ganz vorsichtig schimpfen.
Das Konsolenspiel, für das ich grade mal wieder übersetze, ist so ziemlich das übelste, was mir je untergekommen ist. Wer jetzt an brutale Metzelszenen, realistische Darstellungen des Mordes an unschuldigen Menschen oder ähnliche Schlachtfeste (hab ich auch schon gemacht) denkt, liegt weit daneben. Nein, in dieser Sternstunde spielerisch zu erlernenden menschlichen Sozialverhaltens geht es darum, innerhalb der High School auf der sozialen Leiter nach oben zu klettern. Dazu zu verwendende Waffen sind Kleider, Klatsch und Tratsch und die Erfüllung von Aufträgen, die einem sozial höher gestellte Schüler aufs Auge drücken (sprich: Ich hab so Lust auf Sushi, kannst du mir schnell welches besorgen?), bei denen es mich große Überwindung gekostet hat, sie nicht mit "Sklavenarbeit" oder noch lieber "Depperljobs" zu übersetzen.
Da muss man sich dann als Spieler so Sprüche anhören wie: "Du solltest deine Beliebtheit steigern. Aber lass dich von dieser 'Ich-muss-bei-allen-beliebt-sein'-Kiste nicht zu sehr vereinnahmen. Sei einfach du selbst... aber zieh dir gefälligst was Schickeres an."
Aaaargh! Muss man sich da noch wundern, dass die Kids sich wahlweise ein Killerspiel oder gleich eine echte Kanone besorgen und in ihrer Schule blutrot zur neuen Modefarbe erklären?
Warum regt sich keiner über ein (übrigens an einer Romanserie + zugehörigem Film orientierten) Spiel auf, das neben Oberflächlichkeit vor allem Gehässigkeit und pseudoelitäres Cliquendenken propagiert?
Bitte, sagt mir einfach, dass ich die Ironie des ganzen nicht verstanden habe...

6 Kommentare:

Britta hat gesagt…

Weil, liebe Tanja, leider die wenigsten Menschen mitdenken und das Spiel (Damit meine ich nicht das Computerspiel, sondern das reale "Dazugehörenwollenspiel".) spielen.

Ich finde den Film "Instinkt" mit Antony Hopkins und Cuba Gooding junior großartig, da er genau diese Thematik bezeichnet.

KErSTiN hat gesagt…

Mmh, wenn das für Wii kommt, dann brauche ich das! Vielleicht kann man damit ein Toreadortrainingslager machen *lol*

Ich hoffe, neben den Kleidern und Aufträgen kann man auch Streiche spielen, damit man durch die Bloßstellung anderer automatisch aufsteigen kann...

Hihi, das spielen die Mädels dann, wenn sie den Ponyhof für Wii nicht mehr mögen und Topmodels zu langweilig ist :-D

naiko hat gesagt…

wahrscheinlich ist das wirklich als "trainigslager" für die wirklichkeit gedacht... bei uns hat sich gerade ein 17-jährige ihren finger verloren, weil sie beim nächtlichen coolness-einbruch ins örtliche freibad vom zaun gefallen und dabei hängen geblieben ist... hm... was soll man dazu sagen... gab's schon immer? ironie? keine...

Mac hat gesagt…

Tanja, 'Du hast die Ironie des Ganzen nicht verstanden' ;-)

naiko hat gesagt…

typisch mac... ;-)

Eine Ente hat gesagt…

Je nachdem wie das Spiel tatsächlich aufgebaut ist, find ichs vielleicht gar nicht schlecht. Viele jungen Leute brauchen die ganze Schulzeit um nicht zu verstehen, wer sie wie verarscht...was in wahrheit ganz dumm ist und dass nicht jeder der lächelt, wenn du etwas für ihn tust, dein freund ist. Mit so nem spiel, hat vielleicht der ein oder andere die erkenntnis früher und kann sie gewinnbringen umsetzten.

*G*