29 Februar 2008

London: It all falls into place

Sorry, eigentlich sollte ich als Super-Profi-Übersetzer diese Überschrift auf Deutsch liefern können, aber nachdem ich grade einen monströsen Übersetzungstest für eine große Firma gemacht habe, für die ich gerne arbeiten würde, ist mein Hirn bereit fürs Wochenende.
Wochenende. Letztes. Da waren wir spontan in London. Anke besuchen. Und Matthias. OK. Telegrammstil Ende. Es war ein geniales Wochenende, wir hatten so viel Spaß, und ein bisschen von allem: Sehenswürdigkeiten, Pubs, Musical, Pubs, altehrwürdige Gebäude (viele davon Pubs), Ausstellungen, Rollenspiel, Pubs, und außerdem mehr Ale/Stout/Lager/Cider, als ich aufzählen kann. Ohnehin ist es ein Wunder, dass ich diese Woche überhaupt in der Lage war, irgendwas zu übersetzen. Eigentlich sollten meine Wort-Ressourcen völlig aufgebraucht sein, so viel wie ich die ganze Zeit geredet habe.
Es gab aber auch so viel zu kommentieren. Allein der ca. 500 Jahre alte Pub, in dem wir am ersten Abend gegessen haben, hat mindestens 20 verschiedene Geschichten inspiriert, natürlich komplett mit Mord, Totschlag, Ehebruch und Kreuzzug. Wer Details wissen will, muss sich gedulden, bis ich es schaffe, ein entsprechendes Buch zu schreiben.
Generell hatte ich das Gefühl, dass sich an dem Wochenende praktisch alles wie von selbst zusammengefügt (= korrekte Übersetzung für 'fall into place') hat. Zum Beispiel: Am ersten Tag sind Leo und ich zuerst in eine Ausstellung über "London at war" gegangen, die die Zustände während der deutschen Luftangriffe darstellte. Sehr eindrucksvoll, und interessant, den zweiten Weltkrieg mal aus einer nicht ausschließlich traurig-entsetzt-schamerfüllten Perspektive zu sehen. Danach spazierten wir ungefähr fünfmal über die Tower Bridge, wobei Leo mir erzählte, dass die Raben im Tower der Legende nach dem Königreich Glück bringen. Wenn sie jemals den Tower verlassen, wird das Königreich untergehen, heißt es. Das ist der Grund, warum die Raben Mitglieder der britischen Armee sind und als solche Sold beziehen. Royal Air Force, nehme ich mal schwer an. Da die Engländer sehr an ihren Sterling-Pfunden hängen, habe ich mich diesmal nicht getraut, danach zu fragen, in welcher Währung - vielleicht Sonnenblumenkernen? - die Vögel bezahlt werden. (Das letzte Mal, als ich im Pub einen Kollegen beiläufig fragte, ob England sich nicht auch irgendwann mal bequemen wollte, zum Euro überzulaufen, wäre ich beinahe von der Wirtin rausgeschmissen worden.)
Hinter dem Tower blieben wir stehen, um die informativen Schilder zu lesen (keineswegs, um das Königreich und sein berühmtestes Gefängnis in irgendeiner fiesen deutschen Weise zu bedrohen), flog schließlich eine Kamikaze-Möwe (Sah jedenfalls nicht nach Rabe aus. Entweder war sie ein bezahlter Söldner, oder ein vom Feuer der WWII-Luftangriffe schrecklich entstellter Veteran.) einen todesmutigen Luftangriff und traf Leo mitten ins Herz. Naja, zum Glück war die Jacke dazwischen und wir konnten die Sauerei unter Einsatz diverser Taschentücher einigermaßen beseitigen. Aber so war das das ganze Wochenende durch: alles passte irgendwie zusammen. Und inspirierte mich, jede Menge Blödsinn zu erzählen, wie ihr grade lesen konntet.
Danke für das schöne Wochenende, liebe Londoner!
London 2008

6 Kommentare:

naiko hat gesagt…

hi.
übrigens schneiden sie den tower-raben die schwungfedern ab , damit sie nicht wegfliegen können. die engländer gehen da wohl auf nummer sicher. wer riskiert schon gern den untergang des eigenen landes ( und das dann auch noch ohne meeresspiegelanstieg oder dergleichen...)
aber sonst geht's den raben glaub ich sehr gut. schlecht bezahlt werden die bestimmt nicht. alleinsonnenblumenkerne sind's vermutlich nicht... raben sind aasfresser, denk ich.
liebe grüße
eure n.

p.s. einer meiner schüler wird ne facharbeit über literarische übersetzung schreiben. ich bin seeehr gespannt, er gehört zu den vielversprechenden. und ich hab gleich an dich gedacht, auch wenn anleitungen für oszill(?)oskope wohl eher weniger literarisch sind, oder? ;-)

naiko hat gesagt…

nachtrag:
schöne photos!
und wie heißt der neuartige phallus? ist doch neu, oder?
n.
p.s. muss unbedingt mal wieder nach london...

Leo und Tanja hat gesagt…

Raben und Sonnenblumenkerne. Na, da habe ich mich mal wieder geoutet. Wenn Dein Schüler Infos aus erster Hand braucht, soll er mir einfach die Daumen drücken. Hab grade eine Probeübersetzung für einen 'literarischen' Auftrag abgegeben, und hoffe sehr, dass ich den Zuschlag bekomme. Nur, Literatur kann man das Werk kaum nennen... Aber immerhin, es ist ein Roman. Ich sag Bescheid, wenn ich den Auftrag habe. :) Und ruf auch ganz bald zurück!
LG
Tanja

Anonym hat gesagt…

Hi N,

Phallusartig? wie kommst du denn darauf?!
"30 St Mary Axe" heisst das beruehmte Gebaeude des Bueros Foster und Partner. One of London's newest landmarks, finished in 2004.

Und da du garantiert die einzige bist, die derartig anzuegliche Assoziationen hat, haben die Londoner (oder die Erbauer?) dem Bau schnell den spitznamen "The Gherkin" gegeben.

PS
Ich hatte mal ein Bewerbungsgespraeh gleich gegenueber der Gherkin. Am Tisch mir gegenueber sass der MAnn, der ggf. mein Chef sein wuerde, hinter ihm ein grosses Fenster mit prime view auf den Riesen-phallus... musste mich schon etwas zusammenreissen, bei der Sache zu bleiben, in dem Interview!

http://www.30stmaryaxe.com

Aaron Friedemann hat gesagt…

Hallöchen!

Zu welcher Wehrmacht gehören denn die Luftratten der Hamburger Innenstadt? Vielleicht der kämpfende Arm einer religiösen Vereinigung? Tauben haben ja immerhin ein langes Strafregister was biblische Metaphern angeht und vielleicht befinden sie sich neuerdings bei den Zeugen Jehovas unter Vertrag - sie wohnen zwar nicht im London Tower, sitzen aber dennoch in ihren urbanen Wachtürmen herum. Sie bewachen zum Beispiel ein großes Elektronikkaufhaus. All along the watchtower begab ich mich kürzlich mit Telefon am Ohr flanierend in der Umgebung, als auch ich Opfer einer solchen Luftattacke wurde. Auf den Kopf. Nicht lustig.

Aber ich denke, es war mal wieder Zeit: der letzte Volltreffer ist gut 15-20 Jahre her, und wie beim Regen gilt ja auch hier: das Meiste geht neben Dir 'runter. Allerdings bleibt genau aus diesem Grund die Frage offen, ob es sich bei dem Treffer um einen Blindgänger aus dem letzten WK handelte, oder ob die gesteigerte relative Trefferhäufigkeit dieser air borne menaces bedeutet, dass sich im Zuge globaler Partnerschaften und strategischen Vereinigungen auch Die Vögel (wieder) zusammenfinden - in einer Art Krieg gegen den Menschenterror. Wir bleiben dran....

LG
-Carsten

naiko hat gesagt…

was mich dazu bringt, mir weitere (erst kürzlich ein gespräch mit dem schüler zu diesem thema...) gedanken darüber zu machen, wieso eigentlich relativ viele leute herumfliegende vögel, und seien sie noch so klein und niedlich, als irgendwie bedrohlich empfinden. ich finde das nämlich nicht, aber den film find ich auch faszinierend. also: woran liegt es?
unberechenbarkeit
fremdes element?
zu viel die vögel-film?
zu früh geschaut und deshalb traumatisiert?
sonstige assoziationen?
wieauchimmer.
es grüßt ein vogel-fan
(auch freifliegend)
n.

p.s. zudem ist es ein unbeschreibliches gefühl, wenn ein frei fliegender vogel auf deiner schulter landet, das kann man nämlich kaum erzwingen. genauso fühlt es sich an, wenn man ein pferd aus einer herde ruft und es kommt (was eigentlich kein besonders natürliches verhalten ist). einfach cool.