14 Juli 2013

Warum nicht einfach gehen?

Neulich war ich mit Matilda unterwegs, als ich Zeuge einer seltsamen Szene wurde. Auf dem Parkplatz vor der Kirche lief eine Frau. Ein Mann folgte ihr, legte von hinten den Arm um sie, drehte sie um und führte sie in die andere Richtung davon. Zuerst wollte ich weiterfahren. Aber irgendwas fühlte sich komisch an. Das ganze wirkte entmündigend. Aber ich wollte ja eigentlich weiter. Und hatte außerdem meine kleine Tochter dabei. Was wenn...
Was wenn der Typ gewalttätig würde?
Dieser Gedanke legte einen Schalter in meinem Kopf um.
Ich stieg vom Fahrrad, nahm Matilda auf den Arm und ging zurück.
Das Paar, denn so wirkten sie, stand bei einem Auto. Der Mann gestikulierte, die Frau solle einsteigen. Nicht besonders heftig, es gab keine lauten Worte. Nur diese resignierte Körperhaltung der Frau, die hochgezogenen Schultern, der eingezogene Kopf ... und die Tatsache, dass sie offenbar in ihr Taschentuch weinte.
Hatte ich den Schalter in meinem Kopf erwähnt? Der stand jetzt auf Alarmstufe rot.
Ich ging zu den beiden und sprach die Frau an. So ruhig es mir eben möglich war, denn ganz ehrlich, um so viel Mut aufzubringen, war eine gehörige Portion Wut im Bauch nötig. Trotzdem blieb ich einigermaßen zivilisiert.
Ich fragte sie, ob alles in Ordnung sei und bot ihr an, dass sie, statt ins Auto zu steigen, mit mir kommen könnte.
Natürlich verneinte sie, wie auch der Mann, beide lachten (etwas gezwungen - oder war das Einbildung?), es sei alles ein Missverständnis.
Ich machte mein Angebot nochmal. Sie lehnten nochmal ab. Dann ging ich. Zitternd vor Wut. Auf die Frau.
Auf die Frau? Mir wurde klar, dass ich das nicht gemacht hatte, um einem prügelnden Ehemann die Stirn zu bieten. (Wäre er wirklich gewalttätig geworden, hätte ich ihm nicht viel entgegenzusetzen gehabt, schon gar nicht mit Kind auf dem Arm...) Sondern, um eine in welcher Form auch immer unterdrückte Frau in eine möglichst peinliche Situation zu bringen. Denn das, so weiß ich aus eigener Erfahrung, erhöht den Leidensdruck um ein Vielfaches mehr als ein paar Schläge. Die man schon irgendwie aushält. Aber dass Leute bemerken, dass man selbst so blöd ist, sich das antun zu lassen...
Ich hoffe, es hat ihr irgendwas gebracht.
Und ich hoffe, dass ich irgendwann aufhören kann, dem Opfer - mir - die Schuld zu geben. Empathie mit dem Täter halte ich bei jedem Verbrechen grundsätzlich für etwas Gutes. Solange sie nicht dazu führt, dass das Täter-Opfer-Verhältnis umgekehrt wird.
Dazu gibt es hier ein sehr gutes Video, das erklärt, warum wir Opfer alle so blöd sind. Nehmt euch die Zeit und schaut es an, damit ihr mich wieder respektieren könnt. ;)

11 Juli 2013

Meeting minutes. Or rather hours.

So, heute gab's das erste große Business-Meeting in meinem (nicht mehr ganz so) neuen Job. Das erste Mal hochoffiziell mit Kollegen und Konkurrenz zusammen neue potenzielle Partner getroffen.
Habe auf understatement gesetzt und bin in Arbeitskleidung hingegangen. Dafür durften die anderen unsere gesamte Produktionsstätte in Augenschein nehmen. Naja, oberflächlich zumindest, aber ich glaube, das hat einen positiven Eindruck hinterlassen, zumal andere Konkurrenten sich da bedeckter hielten.
Ich war überrascht von der Fülle und Komplexität der Informationen, mit denen wir gefüttert wurden, aber immerhin war das ganze sehr gut aufbereitet. Leider war die Chefin der Gruppe, mit der wir wohl in Zukunft zusammenarbeiten werden, zwar ein alter Hase, aber keine besonders gute Präsentatorin.
Habe die Zeit, in der sie die zuvor ausgeteilte (*kopfschüttel*) Infomappe vorgelesen hat, genutzt, um die Konkurrenz abzuchecken. Insgesamt weniger als erwartet, und nur wenige wirkten richtig auf Zack. Könnte aber sein, dass sich einige bewusst zurückgehalten haben. Bei der allgemeinen Vorstellungsrunde blieb leider nur wenig Zeit und Möglichkeit zu punkten. Dafür habe ich dann die Fragerunde am Schluss genutzt, um subtil ein bisschen added value anzubieten, was von allen Partnern sehr positiv aufgenommen wurde. Und natürlich bin ich nicht, wie die anderen (Anfänger!) sofort nach Ende des Meetings gegangen, sondern habe noch etwas networking betrieben, bin betont bescheiden auf Details meines Produkts eingegangen, und habe nochmal auf die bereits langjährig bestehende, erfolgreiche Partnerschaft mit unserer Schwester-, äh, Brudergesellschaft hingewiesen. Ein paar Pluspunkte habe ich mir fürs nächste Meeting aufgehoben, wo die eigentliche Produktpräsentation stattfindet, damit ich für alle Fälle noch ein paar Asse im Ärmel habe.
Insgesamt gut gelaufen - ich glaube, das mit der Partnerschaft wird was.

Ja, ok. Es war nur ein Infoabend beim Kindergarten. Aber manchmal fühl ich mich einfach geistig unterfordert.
Genau wie früher in 'echten' business meetings...